DOOM
Testbericht | PS4 | PC | Xbox One

DOOM

vor 7 Jahren von DN, Aktualisiert: vor 7 Jahren

Wer hätte das gedacht: Ein DOOM-Reboot, welcher sowohl dem Original huldigt, als auch sinnvolle Neuerungen einbringt? Kann das gut gehen? Oh ja. Es kann. Spielerisch streckenweise brillant, mangelt es dem Titel am Ende an Ausdauer und einigen Spielmodi, die man schmerzlich vermisst. Nichts desto trotz sollte man sich diese hitzige Action-Orgie nicht entgehen lassen. Unser Bericht vom Ausflug mitten in die Hölle und zurück:


Eine Geschichte, die schnell erzählt ist

Welche Story? DOOM 3 vermochte auf der Ebene des Abenteuers und der Storyline durchaus zu fesseln, mir hat das damals sehr gut gefallen. Der vorliegende Titel ist jedoch seinen Wurzeln treu geblieben, und kommt fast ohne Narrativ aus. Hie und da ein Storyschnipsel, damit man dran erinnert wird, dass es durchaus einen sehr vage gehaltenen Hintergrund gibt zum eigenen Aufenthalt und zur «Tätigkeit» auf dem Mars und in der Hölle — mehr aber auch nicht.

Man bleibt dran, will die Levels erkunden, meistern, alle Dämonen erledigen, aber was die tieferen Hintergründe der Dimensionstor-Katastrophe angeht, lässt einen das doch eher kalt.

Wenn dir die Hölle um die Ohren fliegt ...

Das Gameplay von DOOM, insbesondere natürlich das Gunplay, ist das wahre Filetstück des Titels und bietet Hochgeschwindigkeits-Ballereien mit wilden Explosionen und Hetzjagden vom Feinsten.

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Das 1993er-Original, welches ja in diversen Versionen noch erhältlich ist, z.B. für iOS, erscheint einem da im Vergleich wie ein Zeitlupen-Puppenspiel. Im Jahr 2016 herrscht High Speed, und dieser ist gleichzeitig die einzig valable Option, um diesen Höllenritt zu überleben. Bleibt man stehen oder zögert, ist man schneller digitot als beim Sprung in einen überdimensionalen Mixer.

Der Spielspass wird jedoch nicht in erster Linie durch das Tempo geprägt, sondern durch unzählige gute alte Ideen und neuen Verfeinerungen. So ist der Shooter-Klassiker schlechthin, das explodierende Fass, allgegenwärtig. Dumm nur, wenn man einem Feuerball ausweicht, und dieser stattdessen das Fass hinter einem trifft. Bloss weg hier ...

Die Feuergefechte sind annähernd perfekt zu spielen, und das hat meines Erachtens zwei Hauptgründe. Einerseits bietet das Waffenarsenal, ebenfalls weitgehend angelehnt an den 93er-Klassiker, viel Ausbaupotential (eine Neuerung), und die Wummen fühlen sich einfach toll zu spielen an.

Der zweite Grund liegt in actio et reactio der Gegner. Diese verhalten sich recht unterschiedlich (kraxeln, sprinten, hochspringen, schweben, etc.), und erst noch clever. Und dazu kommt dieser Effekt, dass Gegner durch Beschuss ins Taumeln geraten. Wenn sie hellblau aufleuchten, gegen Ende der Belämmerung golden, können sie mit einem Finishing Move erledigt werden. So erhält man mehr Lebensenergiebonus oder andere Goodies. Dieser Mechanismus hat gleichzeitig zur Folge, dass man sich genauso wie ein berserkendes Monster vorkommt, wahrscheinlich im Endeffekt grausamer und noch abgrundtief brachialer als jedes Monster oder jeder Mutant unter den Gegnern. Ein Wunder eigentlich, dass die Gegner nach ein paar Stunden im Spiel nicht Reissaus nehmen beim Anblick des Marines aka. Tötungsmaschine, die man ohne Zweifel darstellt.

Der Gegnermix ist reichhaltig, wird immer wieder neu zusammengewürftelt und spielt sich erstaunlich abwechslungsreich. Hier könnte sich noch mancher Mitbewerber eine Scheibe von id Software abschneiden. Das hier nenne ich Kreativität in Gegner- und Leveldesign. Zudem klettert der Marine in Spielerform behende auf halbhoch liegende Plattformen und darf später im Spiel auch Doppel-Springen. DOOM bietet nicht zuviele, aber auch nicht zuwenige Gameplay-Variationen.

Wenn wirs schon von Vergleichen haben: Naughty Dog, nehmt euch mal ein Beispiel an id Software in Sachen Gefechte. Am besten gleich beim Original-Doom, welches vor 23 (!) Jahren erschienen ist. Aber auch die aktuelle Fassung sorgt für grinsende Actionfan-Visagen, denn hier gibts Feuerspektakel in seiner fast schon reinsten Form. Und das Ganze auch noch in Ultra-Death-Metal-mässiger Gore-Manier mit allem drum und (nicht mehr) dran.

Aber Kämpfe sind nicht alles, was das Original-DOOM so exzellent gemacht hat. Es gibt neben den Gefechten sehr viel zu Entdecken in den riesigen Levels, und entsprechendes Auffinden von Secrets wird reich belohnt. Man läuft quasi in manche der Bonus-Dingsis rein, andere findet man beim besten Willen niemals. Ich möchte den sehen, der sämtliche Secrets aufgedeckt hat in DOOM 2016. In meinen Augen ein absolutes Ding der Unmöglichkeit.

Was ich sehr Schade fand, um nicht zu sagen doof: Ein Kernelement aus dem Original ist flöten gegangen. Im 93er-DOOM gingen die Gegner gegenseitig aufeinander los, wenn man es geschickt anstellte, und die Schusslinien kreuzte. Traf ein Gegner mit einem Feuerball oder Geschoss einen anderen Gegner, gings richtig rund. Im aktuellen DOOM kommt es zwar vor, dass sich Gegner gegnseitig bekämpfen, aber ohne ersichtlichen Grund. So lässt sich dieser Umstand nicht für die eigenen taktischen Zwecke nutzen. Warum id Software dieses schelmisch-bös-coole Feature von 1993 nicht wieder aufgegriffen hat, weiss wohl bloss John Carmack.

Erstaunlich ist in den Gefechten auch die takitische Vielseitigkeit, man kann unterschiedliche Heransgehensweisen wählen, je nach Bewaffnung, Situation und Vorliebe. Leider werden die Levels im späteren Verlauf des Spiels enger statt weiter, das hat mir persönlich weniger gut gefallen.

Komplett neu ist auch das Rüstungs-Ausbausystem, und die Waffenupgrades kommen toll daher. So lässt sich zusätzlich gemäss eigenen Vorzügen das Arsenal ausweiten und die Spielweise anreichern.

Eine weitere nützliche Neuerung, und quasi Standard in heutigen Shootern: Spezialausrüstung auf Schulterknopf links oben. Granaten lassen grüssen. Dieses Feature habe ich sehr oft benutzt. Was das restliche Arsenal angeht, so kam ich mit der Shotgun durch so ziemlich alle Situationen. Der Rest der Rumpelkiste ist mehr oder weniger Beigemüse und eher als Snack zwischendurch nützlich. Oder wenn man mal richtig Schadenwirkung braucht gegen Bosse und Minibosse.

Witzig fand ich auch die Selbstironie des Titels, z.B. bei den Ladebildschirmen. Da steht lustiges Zeug, wie z.B: «Wenn ein Gegner einen Kopf hat, dann ist das sein Schwachpunkt.»

Glitzernde Höllenwände

Die Tech 6 okay, aber kann mit aktuellen Top-Titeln auf der PS4 wie Uncharted 4 nicht mithalten. Das soll etwas heissen, genauer gesagt zwei Dinge: DOOM schaut toll aus, damit das nicht falsch verstanden wird, und spielt sich superflüssig in durchwegs 60 Frames pro Sekunde. Aber: Naughty Dog hat die Messlatte in Sachen Grafik (zumindest auf der PS4, sprich für Konsolen) auf quasi unerreichbare Höhen raufgeschraubt.

Das gesamte Design und Artwork von DOOM ist erste Klasse und kommt in der typisch auffälligen Formensprache in Tradition des Hauses id daher. Die Levels weisen etwas weniger variantenreiche Farbstimmungen auf wie das 93er-Original, aber vielleicht ist das so gewollt. Hier hätte sicherlich noch mehr dringelegen, irgendwann hat man das Orange-Kupfer-Feuer-Braun-Sand der ersten Levels definitiv gesehen.

Die Gegner hingegen überzeugen in Sachen Animation, Artwork und Feinausarbeitung in jeder Hinsicht und verfügen über eine bestechende Einzigartigkeit, wie sie nur id Software hinkriegt. Insbesondere auch die Bosse sind natürlich Weltklasse und sorgen für ordentlich Controller-Panik vor dem Screen.

Vielleicht hätte dem Titel das eine oder andere Quäntchen Blut und Gore weniger auch gut getan. Aber irgendwie gehörts halt einfach mit dazu. DOOM ohne Gore wäre wie Death Metal ohne E-Guitarren-Schrummen. Das Spiel ist nichts für zartbesaitete, spielt sich aber andererseits wie ein lebendig gewordener Comicband und schaut auch so aus. Da habe ich mit quasi-realistischen Ballereien in Soldatengewändern viel mehr Mühe. Hier wirkt manches dermassen über-absurd, dass es einen immer wieder zum Lachen bringt. Im guten Sinn.

Fazit

Besser kann Shooter-Gameplay nicht sein. Zumindest nicht für ein gutes Dutzend Singleplayer-Stunden. Für einen Award hats trotzdem nicht ganz gereicht, da die Kampagne zum Ende hin etwas abflaut und das hohe spielerische Level der ersten Stunden nicht ganz gehalten werden kann.

Überaus Schade fand ich das Fehlen eines Online-Kooperativ-Modus. Bereits DOOM aus dem Jahr 1993 habe ich damals mit einem Freund von mir via Serial-Kabel-Verbindung gemeinsam in der Kampagne gezockt. Eigentlich ein Armutszeugnis, dass bei all dem Hightech und Brimborium 23 Jahre später ein solcher Modus offenbar nicht machbar war. Eine Schande.

Der Multiplayermodus ist nicht wirklich die Rede wert. High-Speed-Battles in Ehren, aber da bleiben wir doch lieber bei den Branchenleadern wie Destiny und Konsorten.

Getestet haben wir die Ausgabe für PS4.


judgementbox
DOOM
Positiv

Coole Waffen-Upgrades, annähernd perfektes Gunplay, guter Mix aus bewährten Waffen und Innovationen, erstaunlich wendige und intelligent agierende Gegner, klassisch düstere DOOM-Welt mit einigen Hommagen und Augenzwinker-Momenten aus dem Ur-DOOM, viel Exploring und Level-Erkundung nötig für maximale Ausbeute

Negativ

Ein Online-Multiplayer für die Kampagne wird schmerzlich vermisst — kaum ein Spiel wäre dafür denkbar besser geeignet, Multiplayer Arena wenig langlebig motivierend, Story kaum erwähnenswert, Original-Soundtrack wäre toll gewesen in aufgefrischter Form, sehr blutiges Gemetzel

Alleine spielen: Sehr gut!
Mit Freunden auf dem Sofa spielen: Gibt's nicht.
Mit Freunden im Internet spielen: Nur für Fans.
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DOOM
Erhältlich für PlayStation 4, Windows PC, Xbox One
Von Bethesda Softworks (Publisher), ID Software (Developer)