[UPDATED] DESTINY 2
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[Updated] Destiny 2

vor 7 Jahren von DN, Aktualisiert: vor 7 Jahren

Grossangriff an allen Fronten: Der Nachfolger zu Bungies Shooter-Klassiker zeigt sich unterhaltsam, bewährt süchtigmachend und in vieler Hinsicht weiterentwickelt, letzteres jedoch im wenig wirklich innovativen Rahmen. Viele Optimierungen im Detail sehen sich einigen wenigen grundsätzlichen Evolutionen gegenüber. Ob dies zu begrüssen oder zu beklagen ist, lest ihr am besten hier.


Updated: Iron Banner ist zurück

Einer der Klassiker von Vanilla Destiny feierte ein Comeback: Der Player-versus-Player-Event mit der Metallfahne und Schiedsrichterlegende Saladin. Im Vergleich zur Variante im Original hat sich einiges geändert: Es gibt keine Levels mehr wie vorher 1 bis 5, die man sich mit einer gewissen Spieldauer hochangeln muss. Stattdessen erhält man für einen Sieg mit dem Team 5 Münzen, für eine Niederlage 2 Münzen. Für spezielle Aktionen oder bestimmte Tages-Herausforderungen gibt es obendrauf Bonusmünzen zu ergattern. Diese Währung darf dann bei Herrn Saladin in der Heimatbasis abgegeben werden, wo bei jeder vollen Skala eine Belohnung winkt. Dazu benötigt man eine gute Handvoll Münzen (habe sie nicht genau gezählt, aber es waren etwa 30) jeweils im Tausch für eine per Zufallsgenerator erzeugte Beute.

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Neben der exklusiven Rüstungsteile gibt es eine Reihe von mehr oder weniger interessanten Waffen zu «gewinnen». Direkt kaufen kann man im Gegensatz zu früher keine Items mehr bei Saladin. Das ganze Prinzip basiert also vermehrt auf Losglück, man wird sehr viel Zeit investieren müssen, um beispielsweise an die Rüstungsteile zu kommen. Diese droppten bei mir sehr selten.

Der neue Modus mit 4vs4 hat mir gut gefallen, der Zonen-Modus war für die Grösse der Levels und Teams quasi ideal. Alles in allem krankt der Modus aber an alten Schwächen: Als Einzelmaske ist das Spiel gegen Fireteams ein aussichtsloses Unterfangen, die Belohnungen sind recht unberechenbar und je nach Team-Mix gibt es immer wieder Mit- oder Gegenspieler, die rein gar nichts begriffen haben in Sachen Taktik und Spielweise. Und die Lieblingskandidaten, die sich nur in ein Spiel einloggen, um die garantierten 2 Tokens abzuholen, ohne den Finger zu rühren während grösseren Abschnitten der Partie, sind leider auch nicht verschwunden.

Alles in allem eine nicht völlig missratene Weiterentwicklung des Original-Iron-Banner-Events, aber ein bisschen mehr Mut für Neuerung und etwas weniger Glücksfaktor beim Loot wäre hier durchaus wünschenswert gewesen.


Ursprünglicher Artikel:

Ein Kabal kommt selten allein

Einleitende Bemerkung: Ich gehe in meinen Ausführungen davon aus, dass die geneigte Leserschaft mit Destiny 1 vertraut ist. Für alle anderen: Man verzeihe mir den einen oder anderen Insider-Ausdruck. Den neuen Raid habe ich noch nicht hinter mir, dieser Artikel wird entsprechend noch ein Update erfahren.

Der Aufschrei war gross in der Destiny-1-Gemeinde, als bekannt wurde, dass Bungie einen kompletten Reset der Story und insbesondere der Charakten samt Loot plane für Destiny 2. All die in Hunderten von Stunden zusammengesammelten und hart erarbeiteten Ausrüstungsgegenstände wurden im Intro zu Destiny 2 auch sogleich ein Frass des Feuers, das aus den Kanonen der Kabal-Schiffe niederregnend die Erde und ihre letzte Bastion der Menschen erfasste.

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Die Rote Legion unter der Führung des Chefs – sogenannt Primus – Ghaul zeigt auch im Verlauf der Einzelspielerkampagne keine Gnade mit den Wächtern aka. ihren fernsteuernden Gamern. Bald findet man die Gemeinde der letzten Wächter des Lichtes verstreut im ganzen Sonnensystem, teilweise niedergemäht auf den Schlachtfeldern oder in Gefangenschaft. Ein Jahr nach der SIVA-Krise (= der letzten grossen Erweiterung zu Destiny 1) setzt die Handlung ein. Bald zeigt sich ein gigantischer Schatten am kosmischen Horizont, dessen Bedeutung ich hier nicht verraten möchte. Nur soviel: Auch die Sonne hat ihre Lebenszeitbegrenzung und ganz offensichtlich nicht erst in 2 Milliarden Jahren.

Ghaul und seine Schergen haben aber vorderhand nur ein Ziel: Den Reisenden zu zwingen, die Kabal zu den neuen Wächtern des Lichtes zu machen und so von der Macht des Reisenden zu profitieren. Der Oberbösewicht ist überraschend vielschichtig gezeichnet, er zweifelt öfters an der rein gewaltorientierten Handlungsweise seines Volkes und zeigt auch mal Bedenken angesichts der schier unlösbaren Aufgabe, den Reisenden in seine Dienste zu zwingen. Dies sind ganz neue Töne in der Erzählweise von Destiny, das in Teil 1 öfters mit wirren oder rein belanglosen Handlungssträngen enttäuschte. So gesehen ist Ghaul ein willkommener neuer Gegenspieler, sozusagen ein kleines Geschenk seitens Bungie an die Gamergemeinde, damit auch der hinterste und letzte mal der Geschichte folgen kann.

«Einem geschenkten Ghaul schaut man nicht ins Maul», wäre ergo ein passender Kommentar von Cayde-6 angesichts des Angriffs der Roten Legion, wenn ihm nicht das Lachen im mechanischen Mund steckengeblieben wäre. So wie mir. Ich mochte – entgegen vieler Kritiker – den Mood von Destiny 1 sehr gerne, über all die Erweiterungen entstand ein Netz von Abenteuern und faszinierenden Welten, die auch mal zur freien Erkundung einluden. Diesen Mood habe ich bei Destiny 2 zu Beginn irgendwie vermisst. Trotz oder vielleicht gerade wegen der stärker stromlinienförmigen Story, die allzu oft den ganz herkömmlichen Sci-Fi-Daba-Dubu auftischt, dachte ich hie und da mit Wehmut an die Erkundung des gigantischen Dreadnought zurück oder an die sphärischen Ausflüge in dunkle Tunnels des Mondes in irgend einer unterirdischen Festung der Hive.

Kerniges Gameplay mit variantenreichen Mikro-Game-Kosmen

Eine grosse Stärke von Destiny 2 ist seine Quasi-Aufteilung in «Bücher», wie in einem grossen Roman. Buch 1 wäre das Ausbreiten des Settings und der Einstieg in die Geschichte samt nochmaliger nach-und-nach-Vorstellung sämtlicher Gegner-Rassen (Gähn – Planet X plötzlich Vex, Mond Y mal die Fallen, etc.). Buch 2 würde den Mittelteil mit der Erkundung weitere Game-Modi wie die Boss-Playlisten oder die Multiplayer-Arenen bis zur Beendigung der Einzelspieler-Kampagne bilden. Und schliesslich Buch 3 mit dem Endgame-Content, der sich dem Spieler erst nach Abschluss von Buch 2 erschliesst. Innerhalb dieser Bereiche hat D2 sehr viel Abwechslung zu bieten, man muss allerdings gewillt sein, dies mit vielen Stunden investierter Game-Zeit zu erarbeiten.

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Bewährte Suchtfaktoren wie die Engramme zum Dekodieren beim Spezialisten aka. Kryptarchen kommen erst recht spät ins Spiel, haben aber kaum etwas von ihrem Reiz eingebüsst. Die Engramme haben neu auch ein Power-Level, was in D1 nicht der Fall war. Die Engramme (ausser die blauen) hatten ein gewisses Maximum-Level, das sich an demjenigen des Spielers orientierte. Das Gefüge hatte auch einen Zusammenhang damit, woher man die Engramme ergattert hatte, was wiederum für zeitweilige Verwirrung sorgte. Dem hat Bungie nun den Riegel geschoben, indem jedes Engram quasi ein Power-Etikett aufgeklebt erhalten hat. Nach Dekodieren findet man neue Waffen, Rüstungen oder Items im Inventar, über dessen Glanz man sich wie eine Heroin-Junkie mehr oder weniger freut, je nach dem wie hoch der «Reinheitsgehalt» war. Man verzeihe mir den Vergleich, aber Studien haben gezeigt, dass der Suchtfaktor solcher Glücksspiel-ähnlicher Videogame-Mechanismen das Hirn ähnlich zu Endorphin-Schüben verleitet wie ziemlich harte Drogen. Man wird deswegen nicht vom Sofa kippen, aber es kann schon schwieriger sein als bei anderen Titeln, den Controller wegzulegen. «Noch ein Level, nur noch eine Partie, nur noch ein Engramm, nur noch ein ...».

Angenehm schnell hat man die Skilltrees zumindest der ersten beiden Klassen freigespielt und darf in weit kleinerem Ausmass die Skills ein- oder aus-, respektive umschalten. Neu sind für z.B. Warlock die auf o (PS4) auf dem Pad belegten Kreise, die man wahlweise zur Heilung oder zur Verstärkung der Waffenwirkung (beide jeweils sich und andere) einsetzen darf. Auch hier: Destiny 1 hat mich in dieser Hinsicht mehr überzeugt, da die Variabilität der einstellbaren und kombinierbaren Skills mehr Einfluss auf den Spielstil hattte. Destiny 2 wirkt in dieser Hinsicht quasi etwas geplättet.

Gut gefallen haben mir die lohnenswerten (in Sachen Beute) und rasant inszenierten Publi Events, die in den grossen Hauptwelten immer mal wieder aufploppen. Diese spontanen Multiplayer-gegen-KI-Fights haben wirklich was und wirken frisch und angenehm packend.

Über die Controls und die Waffen lässt sich nichts Negatives sagen, das Kerngameplay wurde quasi perfektioniert und fühlt sich schlichtweg lupenrein an. Auch an den im Vorfeld geäusserten Kritiken hinsichtlich Multiplayer kann ich ich nicht anschliessen, ich empfand D2 als wesentlich flüssiger und präziser als D1. Neu sind die Modifikatoren für Waffen und Rüstungen, was ein wesentlich breiteres Spektrum an Boni oder höhere Spezialisierung zulässt. Shader können neu nur noch einmal benutzt werden, wenn man diese ersetzt mit einem anderen, geht der vorherige verloren. Mich persönlich hat dies jetzt nicht unglaublich gestört, aber vielleicht bin ich als Non-Shader-Fanatiker auch nicht massgebend mit meinem Urteil. Der einzige Shader, den ich innig geliebt habe in Destiny 1 war der «Black» Shader, dank dem die Spielfigur schlichtweg – genau – dunkel eingefärbt war. Nett, aber jetzt auch nicht weltbewegend. In Multiplayer-Games war die nachtschattige Erscheinung vielleicht ab und zu ein kleiner Vorteil.

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Wer seine Lieblinge der alten D1-Zeit in Sachen Waffen oder Rüstungen ganz arg vermisst, sei hiermit halbwegs beruhigt: Manches Spielzeug hat den Wandel der Generationen überlebt und darf erneut im Spiel aufgefunden und eingesetzt werden. Ich schaue dich an, MIDA Multitool oder Starfire Protocol. Dazu gibt es massenhaft neues Gerät und Gebims, das sich alleweil auszuprobieren lohnt. Schön fand ich die bewährte Haltung der Entwickler, dass man auch mit Gaggi-Gear in dem Multiplayerpartien durchaus mithalten kann. Ich muss zugeben, ich habe einige Partien im Crucible hinter mir mit D1, aber ganz so krass in Übung war ich jetzt nicht mehr. Trotzdem gelang mir eine nette Serie von Top-Platzierungen mit einem Lichtlevel von 160 rum oder so gegen Wiedersacher um Lichtlevel mit 290 bis 300.

Wenn wirs gerade vom Multiplayer haben: Hier hat sich einiges verändert, die Modi wurden stärker gemixt und neu sortiert. Man spielt nur noch 4 gegen 4 (auf der PS4 wie getestet) und die Levels bieten weniger Auslauf. Alles ist irgendwie enger und intensiver gestaltet, was ich nicht unbedingt negativ fand. Trotzdem ein bisschen Wehmut sei an dieser Stelle geäussert: So richtig coole 6 gegen 6 Battles mit ausgeglichenen Teams im idealen Umgebungslevel war einfach schon noch eine Prise grandioser. Anders halt. Ein Detailaspekt ist besonders bemerkenswert: In Destiny 2 PvP hat das Schema «Einsamer Wolf mit krassen Knarren» keinen Platz. Die Reduktion auf 4 vs. 4 hat zur direkten Folge, dass Teamplay zum Erfolg führt, respektive No-Teamplay ganz und gar direkt ins Verderben. Insofern eine begrüssenswerte Neuerung auf einer allgemeinen Ebene über viele Matches betrachtet, andererseits waren die besten Matches in D1 PvP immer noch unschlagbar gut mit 6 vs. 6.

Grafikpracht mit Schwankungen in der Brillanz

Was die Grafik angeht, so war ich in manchen Abschnitten ein klein wenig enttäuscht, in anderen Bereichen positiv überrascht. Der gesamte erste Teil mit dem Angriff auf die The Last City kommt sicherlich bombastisch daher, wohingegen der Abschnitt mit den Plattformen über dem Wasser (mehr Details werde ich nicht verraten) für meine Begriffe eher etwas billig wirkte für einen 2017er-Titel. Wenn ich da an Uncharted The Lost Legacy denke, so verblasst doch der eine oder andere Teil von Destiny 2 sehr stark. Beide Titel sind nicht Open World, bieten aber recht weitläufige Single-Player-Levels, also gestatte man mir den Vergleich.

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Der Sound ist gewohnt smooth, über weite Strecken passt die Animation und die Gegnervielfalt sehr gut zusammen, und es gibt auch Abschnitte in Destiny 2, die einen so richtig reinziehen, auch in grafischer Hinsicht. Gemessen an Destiny 1, das damals in Sachen Grafik durchaus neue Masstäbe gesetzt hat für ein MMS auf Konsolen, ist der Schritt zu Destiny 2 in Sachen Optik für meine Begriffe nicht allzu bedeutsam. Es gibt einige Momente, die einem in Erinnerung bleiben werden, wir beispielsweise die Welt von Nessus mit dem halbwegs durchgeknallten Maschinenwesen aus dem Raumschiffwrack. Nicht nur die Subquest ist ein interessantes Abenteuer, auch die Umgebung mit der attraktiven Farbgebung und den versteckten Tunneln macht was her.

Fazit

Bungie hat mit Destiny 2 einige Aspekte gesamtrenoviert und viel Bewährtes belassen, sodass sich der Titel eher wie ein gut gemachtes Destiny 1.5 anfühlt. Wem ein solches Destiny 1.5 genügt, ist herzlich willkommen, alle anderen sollten auf die ersten Expansions warten.

Ich persönlich hätte mir etwas mehr vom düsteren Exploring gewünscht wie in The Taken King oder im schneidig-peppigen SIVA-Kapitel. So richtig gestört hat mich allerdings nichts bislang.

Man darf gespannt sein auf die Erweiterungen, die bald anrollen sollen. Vielleicht ergattert sich dann Destiny 2 auch noch einen Wisegamers Choice Gold Award, den ich für diese aktuelle Version und entsprechendem Umfang nicht verleihen mag – trotz offensichtlich hoher Qualität in vielerlei Hinsicht.


judgementbox
Destiny 2
Positiv

Flüssige Controls, satte Action, süchtigmachende Loot-Mechanik (könnte auch in der Negativ-Kategorie stehen, je nach Perspektive), rasante Multiplayerbattles, schnelles Matchmaking, kaum Ladezeiten, brillante Optik und abwechslungsreiche Welten samt Gegner

Negativ

Kleinere Multiplayer-Battles, mehr streamlined, Story nach wie vor nicht extrem überzeugend, eher ein Destiny 1.5 als ein Destiny 2

Alleine spielen: Sehr gut!
Mit Freunden auf dem Sofa spielen: Gibt's nicht.
Mit Freunden im Internet spielen: Sehr gut!
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Destiny 2
Erhältlich für PlayStation 4, Windows PC, Xbox One
Von Activision | Blizzard (Publisher), Bungie (Developer)