MEINUNG
Meinung

Was zeichnet ein gutes Game aus?

vor 12 Jahren von KK

Diese Frage sollte sich jeder mal selbst zu beantworten versuchen. Denn die Antwort gibt viel Auskunft über das individuelle Gamingverhalten und ist ein guter Berater für den persönlichen Spielekauf.

Da für jedes Spiele-Genre und auch für jede Gaming-Gelegenheit unterschiedliche Kriterien zum Tragen kommen, versuche ich in den Anforderungen möglichst allgemein zu bleiben — mit einer Prise persönliche Note.


Das Feeling

An erster Stelle steht bei mir das Feeling. Ich meine damit das Gefühl, welches in mir aufkommt, wenn ich das Spiel spiele. Dieses kann durch Story, Gameplay, Stimmung, etc. ausgelöst werden. Meistens muss hierzu das Gameplay einfach stimmen, dem Spiel gerecht werden, einen Fluss aufweisen (auch rundenbasierte Spiele können fliessen).

Ich will mich also mehrheitlich «im Spiel» fühlen und nicht ständig herausgerissen werden. So kann dieses Feeling-generierende Element am besten zum Tragen kommen und einen so richtig packen: Die BulletTime (idealerweise mit zwei Ingrams) in Max Payne, die Kompromisslosigkeit von Kratos in der God of War Serie, der Speed von WipeOut, die Angst vor dem Dunkeln in Alan Wake, die liebgewonnene Crew in ME2, um nur ein paar zu nennen.

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Volle Kanne Spass: Schweben mit Max Payne, wüten mit Kratos.

Meine Einflussmöglichkeiten

Ich will den Einfluss meiner Eingabe erleben. Ob sie nun den Verlauf der Story ändert (The Witcher 2), die Art meiner Fortbewegung variiere (Batman: AA / AC) oder die Entwicklung einer Nation bestimmt (Civilization Serie) ist egal. Das Spielerlebnis kann auch durch unterschiedliche Skillungen / Upgrades (World of Warcraft) personalisiert werden, durch eine gigantische Welt mit den verschiedensten Nebenschauplätzen (Fallout / Skyrim / GTA-Serie), welche jeder Spieler anders oder gar nicht entdeckt / erlebt.

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Ich will, dass ich den Unterschied zwischen meiner Spielweise und der eines anderen bemerken kann. Ein Spiel, welches unabhängig vom Spieler nur den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg kennt wird schnell langweilig, es ist die Art wie der Erfolg erzielt werden kann, welche das Spiel interessant macht. Und vor allem erhöht sich dadurch der Wiederspielwert drastisch.

Die Originalität

Ein gutes Spiel ist nicht bloss eine bessere Version von alt bekanntem, ein gutes Spiel bringt eine eigenständige Komponente mit. Auch hier darf diese Originalität irgendwo begraben sein, ja sie darf sogar eine alt bekannte Komponente derart in den Fokus rücken, dass sie dadurch wieder ein gewisses Alleinstellungsmerkmal derstellt. Vorzugsweise findet man diese Originalität im Gameplay, kann aber genauso gut in der Grösse, dem Weltdesign, der Grafik oder sonstwo sein. BulletTime von Max Payne, die Möglichkeit in Assassin's Creed in der Menge abzutauchen, die Ästhetik von Limbo, die Portal Gun, die unglaubliche Sandbox der GTA Serie, die cineastische Inszenierung der Uncharted Reihe, die Handlungsfreiheit in Eve Online, die übertriebenen Explosionen in Split/Second, etc. sind nur einige Beispiele dieser Kategorie.

Die Story

Eine Story ist nicht für jedes Genre zwingend, bei gewissen Genres stört sie sogar und wirkt an den Haaren herbeigezogen (Puzzle-, Renn- und Prügelspiele z.B.), aber wenn das Spiel eine hat, sollte sie gut sein. Eine Geschichte, die ich sehen, hören und erleben will, die mich neugierig auf ihren Fortgang macht, die mich überraschen kann und dennoch schlüssig ist, die nachvollziehbare Charaktere aufweist, die eine emotionale Verbindung zulassen, etc. eigentlich gelten hier die gleichen Kriterien wie für ein gutes Buch oder einen guten Film, darum unterlasse ich weitere Ausführungen und gehe auf spielrelevanteren Dinge ein.

Die Story sollte das Spielgeschehen und die Entscheidungen beeinflussen (Batman: Arkham Asylum verändert das Asylum durch die Story und beeinflusst so das Spiel, God of War 2 raubt dem Spieler die bisherige Kraft und zwingt einem zur Flucht aus dem Totenreich und der Aneignung neuer Kräfte, etc.). Der Spieler hat die Möglichkeit die Chronologie der Geschichte zu ändern (z.B. Skyrim). Noch interessanter wird es, wenn das Spielgeschehen und die Entscheidungen die Story beeinflussen können (z.B. The Witcher) Interessanter wird es bei den Möglichkeiten, welche ein Spiel im Zusammenhang mit den Protagonisten bietet. Zum einen besteht die Möglichkeit, dass man die Beziehung zu den Protagonisten (Mass Effect) oder sogar den Charakter der Protagonisten (Black and White) verändern kann. Zum anderen besteht die Möglichkeit, dass Charaktere auf die aktuelle Handlung des Spielers reagieren und sich oder ihre Beziehung zum Spieler entsprechend verändern (DragonAge: Origins).

Wie unschwer zu erkennen ist, sind die Vorgaben an eine gute Story mindestens so hoch angesetzt, wie für ein gutes Buch oder ein guter Film, bloss bietet ein Spiel durch die Interaktive Natur des Mediums noch zusätzliche Möglichkeiten. Ein gutes (storybasierendes) Spiel sollte in meinen Augen Rücksicht auf diese Optionen nehmen und zumindest das eine oder andere Element. Die Uncharted Reihe beispielsweise verzichtet darauf, ich finde es genau deswegen nicht ganz so grossartig, obwohl ich jedem ein einmaliges Durchspielen empfehlen würde.

Der Schwierigkeitsgrad

Ein gutes Spiel muss mich herausfordern. Ich will meine Fähigkeiten (Feinmotorik, Auffassungsgabe, Strategie, Taktik, Voraussicht, Reaktion, etc.) unter Beweis stellen und nicht gelangweilt werden. Das Erfolgserlebnis ist viel höher, wenn es mich mehr Nerven gekostet hat. Idealerweise ist diese Herausforderung anpassbar. Aber es gibt hierzu noch weitere Dinge, welche einen Gedanken wert sind.

Ich persönlich bevorzuge es, wenn der Schwierigkeitsgrad sich in der Art und Weise des Erfolgs widerspiegelt (schon wieder?). Also nicht eine klare Trennlinie zwischen Ziel erreicht oder nicht erreicht hat, sondern eher einen fliessenden Übergang zwischen Ziel nicht, mit Abstrichen oder perfekt erreicht hat. Als Beispiel sei der Unterschied zwischen einem uralten Jump'n'Run, wo man die Plattform erreicht oder nicht genannt, im Gegensatz zu z.B. Assassin's Creed, bei dem man auf dem nächsten Dach, an der Kante oder weiter unten an der Fassade landet oder das Gebäude gänzlich verpasst. Diese Art bestraft mich für ein Versagen in Form einer Zeitstrafe, ohne den Spielfluss zu unterbrechen. Ich kann weiterhin an der Perfektion meines Absprungs trainieren, ohne einen Schwierigkeitsgrad umstellen zu müssen.

Nicht zu verachten ist auch ein weiterer Aspekt, wie sich Schwierigkeit und Erfolgsrechung auswirken: wenn ich nämlich nicht alleine spielen will. Ich finde z.B. SoulCalibur ein kurzweiliges Spiel für Zwischendurch mit Freunden auf dem Sofa. Während ich mich eher auf die Ausführung spezieller Combos konzentrieren kann, haben diese durch simples Button-Smashing ebenfalls eine Erfolgsaussicht, ohne dass ich ihnen speziell mehr Lebensenergie oder sonstwas zuschanzen muss. Aus meiner Sicht soll die Schwierigkeit also kein Hinderniss darstellen, sondern vielmehr einen Anreiz.

Die Abwechslung

Ein Spiel darf nicht langweilig werden, ergo muss es Abwechslung bieten. Es gab mal eine Zeit, als Spiele ausschliesslich eine Spielart beinhalteten und dennoch nicht langweilig waren. Abwechslung muss also nicht zwangsläufig in der Implementierung von zig Minigames enden. Tendenziell finde ich sogar die Vorgehensweise mit den Minigames eher billig, denn es ist selten der Fall, dass ich sämtliche Varianten mag und mich nerve, wenn ich ein weniger gefälliges spielen muss, um weiterzukommen. Eine gute Implementation von Minigames hat z.B. GTA4, besteht jederzeit die Möglichkeit, aber selten der Zwang zu Minigames. Idealerweise findet aber die Abwechslung im Hauptgameplay statt. Ein wirklich gutes Spiel behält die Natur seines Hauptgameplays und bringt den Spieler durch geschickte Variation von Leveldesign, Ausrüstung, Fähigkeiten, Anzahl / Stärke / Taktik der Gegner, Tempo / Rhytmus, Stimmung, Jäger / Gejagter, Ressourcen, Hindernisse, etc. dazu, sich an die neuen Situationen anpassen zu müssen. Eine andere Möglichkeit besteht darin, dem Spieler die Möglichkeit zu geben, diese Abwechslung selber zu kreieren. Just Cause 2 mit seiner Kombination aus Grappling Hook und Physik-Engine z.B. lässt unglaublich viele Möglichkeiten zu. Ich persönlich bevorzuge es, wenn mir ein Spiel unterschiedliche Möglichkeiten bietet, ein Problem zu lösen und ich mir meine Abwechslung auch selber bieten kann, ohne dass das Spiel sich dieser Aufgabe natürlich komplett entzieht.


Die technischen Aspekte eines Spiel (Grafik, etc. ) habe ich ausgeklammert, weil diese von der Zeit schneller eingeholt werden, als die anderen Kriterien. Die Multiplayeraspekte kommen nicht vor, weil dies nicht so meine Domäne ist.


Fazit

Ich denke nicht, dass ein grossartiges Spiel in all diesen Punkten überzeugen muss. Aber ein Spiel, welches nur in einem einzelnen der besprochenen Aspekte, glänzt wird in meinen Augen wohl nie grossartig sein. Oder besser gesagt: Das Game wird einen ziemlich schweren Stand haben. Die Zeit, welche ich einem Spiel widme gibt mir persönlich die Auskunft darüber, ob ich ein Spiel gut finde oder nicht. Ein gutes Spiel kann also durch epische Länge, durch Interesse auf ein paar Replays oder durch die Lust auf unzählige kurze Sessions in meiner Gunst steigen. Auch wenn ich zum Teil von der Spiele-Industrie enttäuscht werde, bin ich überzeugt, dass in Zukunft Spiele noch tiefer auf die von mir angesprochenen Punkte eingehen werden und freue mich darauf.

Jeder hat eine andere Vorstellungen von einem guten Spiel und dies ist auch gut so, denn nur so bleiben die Spiele auch unterschiedlich. Macht euch eure eigenen Gedanken zu euren persönlichen Anforderungen und lest Testberichte zu Spielen immer wieder vor diesem Hintergrund, dann werdet ihr beim Spielekauf weniger enttäuscht sein.

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