TWO WORLDS 2 — AUF NACH ANTALOOR Two Worlds 2 — auf nach AntaloorEchte und dazu richtig gute RPGs sind auf Konsolen in etwa so selten wie Orks in der Zentralschweiz. Die polnischen Entwickler von Reality Pump haben die Kritik an ihrem Zwei-Welten-Erstling scheinbar ernst genommen, und servieren der hungrigen Abenteurergemeinde ein veritables mehrtägiges Festtags-Gelage. Kurzum: Two Worlds 2 ist ein Must-Have für jeden Fantasy-Fan und Controller-Recken. Aber das Fazit kommt ja bekanntlich erst zum Schluss, darum wollen wir erstmal ein paar Ausführungen zu den Vorspeisen zum Besten geben. The Usual Suspects - die üblichen VerdächtigenRichtig grosse Schwerter braucht das Land! Orks fallen in das Reich Antaloor ein, eine gigantische Schlacht wird geschlagen, und eine orkische Gottheit in tiefe Gräber verbannt. Kommt euch das bekannt vor? Wahrscheinlich schon, ist aber halb so schlimm. Der Einstieg in das Spiel ist nur bedingt gelungen. Da wohl jeder den Satz «Lieber ein lauer Anfang als ein serbelndes Ende» unterschreiben würde in seinem Abenteurer-Kontrakt, fällt das nicht besonders ins Gewicht. Sich abschrecken zu lassen wäre nämlich ein gröberes Elend. Einen umfassenden Bericht zu verfassen über alle Komponenten und Geschichten dieses veritablen Fantasy-Magnum Opus wäre jedoch ebenfalls eine Strafe. Darum sei uns eine gewisse Weitschweifigkeit in manchen Passagen des Tests, oder auch das Auslassen des einen oder anderen Aspekts verziehen. Die japanisch angehauchten Gärten der einen Insel schauen atemberaubend aus. Aber zurück zum Anfang: Nach einem schön gemachten, aber leider auch etwas zusammenhanglosen Intro, wo sich eine Armee von Orks und Menschen die Köpfe einschlagen, und ein düsterer Menschenmagier einem Ork-Oberhaupt per Stalagmit den Gar aus macht, beginnt die eigentliche Geschichte in den Verliessen der Festung des üblen Menschenlords und Magiers Gandohar. Dieser Unhold hat nach seiner Machtübernahme das Menschenreich mit seinem nimmermüden Terror überzogen und lässt sich von niemandem etwas sagen. Nachdem ihr eurem Alter Ego ein detailiert einstellbares Äusseres verpasst habt (ihr könnt ausschliesslich einen menschlichen Mann spielen, jedoch äusserlich sehr unterschiedlich einstellbar), findet ihr euch in Haft wieder. Solche und ähnlich unangenehme Situationen kommentiert eure Spielfigur hie und da mit der nötigen Selbstironie. Dann kommen Sätze wie «Eine Geheimtür - wie originell!» oder beim Betreten eines Dungeons «Nass und kalt, so hab ich's gern». In den Dörfern und Städten herrscht auch das Nachts reger Betrieb. Euer Inkognito-Hauptcharakter und seine Schwester Kyra sind Gefangene des Herrschers, und er entzieht euch Lebensenergie, um sie am Leben zu erhalten. Ob sie krank, verflucht oder sonstwie beeinträchtigt ist, wird vorderhand offen gelassen. Geschwächt werdet ihr in den Kerker zurückgebracht, und kurz darauf von einem Trupp Orks und einer charmanten Ork-Dame befreit. Scheinbar gibt es Interessen auf Seiten der Grünlinge, euch für das Aufspüren des Grabes ihrer Gottheit Aziraal einzuspannen. Und so beginnt eure Reise in die Weiten der Meere und Ländereien von Antaloor - eine Welt, die für euch Dutzende und Aberdutzende von Aufgaben, Items und Orten bereit hält. Kenntnis des ersten Teils von Two Worlds ist dafür nicht wirklich vonnöten, trotzdem hier die Kurzzusammenfassung von Wikipedia: «Handlung Der Spieler schlüpft in die Rolle eines namenlosen jungen Kopfgeldjägers, dessen Schwester Kyra von einem Bösewicht namens Reist entführt wurde. Nach monatelanger vergeblicher Suche wird der Held von Reist Tungard kontaktiert. Für die Freilassung seiner Schwester soll er fünf Teile eines Relikts suchen, mit dessen Hilfe der Kriegsgott Aziraal befreit werden kann.[1] So gerät der Held mitten hinein in den Machtkampf zwischen längst vergessenen Göttern. In der riesigen Welt Antaloor muss der Held nun viele verschiedene Aufgaben lösen, die seinen Charakter weiterentwickeln oder dem Haupthandlungsstrang — Befreiung der Schwester — dienen.» Aller Anfang ist schwerTwo Worlds 2 benötigt nicht nur in Sachen Story und Spielwelt ein bis zwei Stunden, um in die Gänge zu kommen, auch die Spielmechanismen entwickeln sich von eher lauwarm schnell hin zu unglaublich vielfältig und voller Dynamik. Die Basisausrichtung mit drei frei belegbaren Ausrüstungs- und Bewaffnungssets ist sicherlich auf Anhieb sehr nützlich. Die meisten Spieler werden sich je ein Nahkampf-, Fernkampf- und Magieset zusammenstellen, und je nach Vorliebe und Ausbildung eines häufiger verwenden als die anderen drei. Die Ausprägung eurer Fertigkeiten verhält sich ähnlich wie so vieles im Spiel. Es fängt auf einer einfachen Stufe an mit vier Hauptwerten worauf man Attributspunkte verteilen kann, und geht dann weiter in sechs Unterbereiche und nochmals weiter in je elf einzelne Fertigkeiten, worauf ihr die Skillpunkte verteilen könnt. Gesamthaft gibt es also über 70 Eigenschaften, welche mit zwei Sorten Punkten aufgebessert werden dürfen. Und zwar unabhängig von Klassen oder Berufen - jede Fertigkeit darf frei ausgebildet werden. Das macht Spass, auch wenn es strengen RPG-Heads etwas fragwürdig vorkommen dürfte. Two Worlds 2 ist ein ziemlich pragmatisches RPG, und das ist in diesem Fall etwas Gutes. Die vielen Aufgaben, die sich euch stellen, haben oft auch zwei oder mehr Lösungswege. Helft ihr der betrügerischen Gans, die das Dokument einer Magie-Kommilitonin geklaut hat, oder nehmt ihr sie ihr wieder ab? Bringt ihr den Spitzel um die Ecke, der sich in die Reihen der Verbrecherbande eingeschleust hat, oder lasst ihr ihn laufen? Im Verlauf der Haupt- und Nebenquests gibt es immer wieder kleine, aber feine Entscheidungen zu treffen, und ihr dürft so richtig schön Partei ergreifen. Das Ganze geschieht frei nach eurem Gusto, und meist ohne nachteilige Entwicklung, einmal abgesehen von eurem eigenen guten oder schlechten Gewissen. Blutige ZeitenWo wir gerade beim Spass sind, gehört dazu ganz vorne in der Reihe der vielen coolen Aspekte des Spiels sicherlich der Kampf. Die Gefechte sind ein klarer Glanzpunkt von Two Worlds 2 und werden ebenfalls nach einem harten und eintönigen Beginn immer aufregender und vielfältiger. Ihr erlernt neue Kampfbewegungen, könnt Gegner zu Boden werfen, sie flankieren, in Fallen tappen lassen, mit Bogen und Zoom angreifen, mehrere Pfeile auf einmal abschiessen und vieles vieles mehr. Die Gegner verhalten sich grundsätzlich nicht gerade wie Klone Einsteins, aber der mittlere Schwierigkeitsgrad genügt trotzdem für die Mehrheit der Spieler bei weitem. Wer sich richtig fordern möchte, wählt «Schwer», wer auch zu Beginn schnell vorankommen möchte ist mit «Einfach» am besten beraten. Die mittlere Stufe hat es streckenweise schon mächtig in sich. Die Waffen haben im Kampf (einmal abgesehen von Magieangriffen, welche eigene Eigenschaften besitzen) zwei Schadensfaktoren: Einen Hammerschaden und einen Klingenschaden. Ein Kriegshammer mit Spitzem Ende macht beispielsweise hauptsächlich Gewaltschaden, aber auch die Spitze hat ihren Nebeneffekt. So sind auch Rüstungen immer mit mindestens zwei Werten ausgestattet - ein faszinierendes Konzept. Die Animationen eures Kampfkünstlers sind gut gelungen, und man merkt förmlich mit fortschreitendem Skill-Level auch anhand der Kampfmoves eine klare Steigerung. Später im Spiel wirbelt und hämmert euer Recke dass es rumpelt und kracht im gegnerischen Rückenmark. Haudrauf! Zu bekämpfen gilt es neben den üblichen RPG-Übeltätern wie Mumien, Skeletten, Raubkatzen, Banditen, Bären und Werwölfen auch eher aussergewöhnliche Wesen wie Nashörner, Strausse, Hyänen und vierbeinige Dämoneninsekten. Dazu kommen diverse Bosse und Minibosse, die für gute Unterhaltung und ordentlich viele Heldentode sorgen, wenn man sich nicht vorsieht. Eingesammelte Waffen und Rüstungen lassen sich auch jederzeit per Kopfdruck in ihre Bestandteile zerlegen, und damit wiederum die favorisierten Ausrüstungsgegenstände aufwerten. Und die üblichen Steine für magische Verbesserungen zum Einschmieden gibt es natürlich auch. Verkaufen kann man den überflüssigen Plunder selbstredend auch. Es ist fast schwieriger etwas zu nennen, was man in diesem Spiel nicht machen kann. Von Kräutern, Rausch und mystischen KräftenEzio? No sir. My name is Nobody. Neben dem wendigen Kampfsystem vermag auch das einleuchtende Magiesystem durch und durch zu überzeugen. Ein bisschen erinnernd an Magic The Gathering definiert ihr eine Träger- und eine Wirkungskarte in der Mitte. So entsteht beispielsweise aus Feuer und Geschoss logischerweise ein Feuerball. Wirkungskarten dürfen auch gestapelt werden, was die Stärke und gleichzeitig auch die Beschwörungszeit erhöht. Um die Zentrumskarten herum gibt es diverse Modifikatorkarten, welche zusätzlich für Schwung in euren Abra-Kadabras sorgen. So können Dauer, Zusatzwirkungen, Schutzeffekte und viele weitere Dinge hinzugejasst werden. Der Kreationsfülle des so entstehenden Zauberkastens ist eigentlich kaum eine Grenze gesetzt. So muss ein innovatives Zaubersystem in einem RPG im Jahr 2010 ausschauen. Hut ab! Zauberhafte Lichteffekte in tiefen Höhlen. Neben der schlüssigen Zauberei und dem tollen Kampfsystem kommt auch die dritte Hauptmechanik - die Alchemie - genial einfach und kreativ daher. Ohne grosses Zögern dürfen hier diverse Zutaten jederzeit und überall zu Eigenkreationen und den immmer nützlichen Heiltränken verarbeitet werden. Es sind ungefähr alle erdenklichen Wirkungsmischungen denkbar. Sechs verschiedene Zutaten dürfen maximal in den Topf, komplexere Tränke verlangen nach höheren Alchemie-Skills. Ein ständig gut gefülltes Arsenal von Heiltränken kann man sich bereits aus dem regelmässigen Abschlachten und Erbeuten von Herzen von Hyänen, Wolfswesen und ähnlichen Getier erhalten. Einfach zwei Herzen in den Topf, einmal gut umrühren, fertig! Die Savanne lockt, bald der Dschungel und das weite MeerTwo Worlds 2 ist grafisch keine Rakete, aber auf jeden Fall dem eher lauen Dragon Age überlegen. Manche Abschnitte der Welt sind sehr schön gemacht, andere haben etwas weniger Nestwärme gekriegt. Im Durchschnitt vermag das Spiel mit einigen Highlights und wenigen Schattenseiten optisch durchaus zu gefallen. Die Dungeons und Meeresküsten gehören sicherlich zum Schöneren, was man im Genre bisher gesehen hat. Auch die Lichteffekte bei magischen Kämpfen und generell die Animationen sind exzellent gemacht. Gerade der Vorteil Dragon Age gegenüber erstaunt doch schon ein wenig angesichts der frei begehbaren, unglaublich riesigen Spielwelt. Was die Höhlen, Dungeons und Verliesse betrifft kann sich Two Worlds 2 definitiv den Oskar für die organischsten Untergrund-Welten abholen. Diese sind mit Ausnahme des Festungsverliesses gleich zu Beginn absolut fantastisch und überaus organisch gestaltet. Sehr zu gefallen vermag auch der Dunst in manchen Teilen der Höhlen oder in Wäldern am Morgen, und manches Detail wie der Rauch der Räucherstäbchen, der sich elegant emporschlängelt. So begegnet man des öfteren der einen oder anderen grafischen Feinheit und lauscht dem stimmigen Klang des Soundtracks. Die Höhlen und Minen winden und schlängeln sich durch den Boden wie von selbst gewachsen. In der von uns getesteten Xbox 360-Version gab es passagenweise einige Ruckler und Tearings zu beklagen, aber querbeet lief die Sache eigentlich ganz rund. Die PC-Version setzt dem ganzen natürlich grafisch nochmals einen obendrauf, aber das sind wir uns als vernachlässigte Konsolenbesitzer ja inzwischen gewohnt. Die Ladezeiten sind annehmbar kurz und Abstürze selten bis gar nicht auszumachen. Angesichts der grossen Detailfülle der Spielwelten und Gemäuer ist das durchaus positiv zu werten. Versteckt im Fenstergemälde. Two Worlds 2 hat aber definitiv Momente, wo einem vor schierer Schönheit der Atem stockt, und der stimmige und fein orchestrierte Soundtrack erweitert diese Eindrücke um einige zusätzliche Dimensionen. FazitEs ist schwierig, einen einigermassen umfassenden Bericht zu Two Worlds 2 abzugeben. Man gedenke an dieser Stelle den armen verlorenen Seelen, die eine vollständige Komplettlösung für dieses gigantische Spiel schreiben Schweigeminute Es gibt dermassen viel zu tun und zu entdecken - wie ein Floh im Fell eines gigantischen Mammuts. Segeln? Klaro. Tränke-Mixen und Zaubern nach kompletter Eigenregie? Jep. Musik machen à la Guitar Hero? Na klar. Und erst noch kassieren dabei Yieppieh. Taschendiebstahl? Zinsgeschäfte? Schmiedearbeiten selbst gemacht? Spannende Sidequests? Alles drin. Hie und da fühlt man sich angenehm an Oblivion oder gar an die Zeiten von Ultima Underworld und der Ultima-Serie erinnert. Two Worlds 2 will aber nie etwas anderes sein als sich selbst, die anklingenden Ähnlichkeiten mit grossen RPGs der vergangenen Dekaden in manchen Details tun dem Titel nur gut. Wehmutstropfen gibt es ausser dem lauen Einstieg und den absolut unbrauchbaren Pferden kaum. Wer Fantasy und RPGs mag, der kann die nächsten zwei Wochen schonmal frei nehmen. Grosszügig weggelassen in diesem Testbericht haben wir Erläuterungen zum halbgaren Online-Multiplayer-Modus, wofür man uns dankbar sein darf. Wir bedanken uns bei Zuxxez und Reality Pump für die freundliche Bereitstellung einer Vollversion zu Testzwecken. Getestet haben wir die Xbox 360-Version. Die PlayStation 3-Version sollte nach einigen erneuten Verschiebungen am 22. November in den Handel kommen. Two Worlds 2
Positiv
Kampfsystem, Magiesystem und Alchemie sind die besten ihrer Klasse bis dato, riesige Spielwelt, 200 Nebenquests und Aberdutzende Gildenaufgaben, Umgebung streckenweise sehr schön gemacht, einfaches Rumreisen per Teleportsystem, sehr gute Sprecher, kaum Fehler im Spiel Negativ
Gäule sind kaputt - reiten lohnt sich nicht, eher lahmer Einstieg, teilweise verwirrliche Hintergrundgeschichte, Teleport per Standard-Kartenansicht müsste möglich sein, happiger Schwierigkeitsgrad bei Einstellung Mittel
Du kannst DN, den Autor dieses Beitrags, über seine Kontakt-Seite erreichen.
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