GOTHIC 4 - ARCANIA
Testbericht | Xbox 360

Gothic 4 - Arcania

vor 13 Jahren von PS, Aktualisiert: vor 13 Jahren

Das Myrtanische Imperium ist in Aufruhr: Der machtgierige König führt einen erbarmungslosen Eroberungsfeldzug bis auf die südlichen Inseln. In diesen dunklen Zeiten findest du dich mitten in Unruhen und Krieg wieder. Durch einen Wink des Schicksals erlangst du Kenntnis der Ursache: Eine mysteriöse, uralte Macht ... aber was nun? Eine Frage die sich allerdings während des Spiels kaum stellt.

Komm mit mir ins Abenteuerland

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Als eingefleischter Rollenspielfan konnte ich es kaum erwarten, meinen Schwertgurt umzuschnallen und meine virtuellen Füsse in die Welt von Argaan zu setzen. Nach einer sehr hübschen Einleitungssequenz geht es denn auch zügig los und man spielt in der 3rd-Person Perspektive für eine kurze Zeit den König Rhobar III, was sich jedoch später als Traum des eigentlichen Protagonisten erweist. Da man sich bei diesem Prolog im Wesentlichen nur aus einer Höhle herauskämpfen muss, fällt sofort auf, dass die Steuerung der Kampfbewegungen einfach ist und die Schwerthiebe sehr flüssig in Kombinationen aneinandergereiht werden können. Dies ist bei Rollenspielen nicht selbstverständlich - man denke z.B. an "Oblivion", welches dem Spieler ein eher mageres Schlagarsenal zur Verfügung stellt. Wie sich aber im Verlaufe des Tests ohnehin zeigen sollte, handelt es sich bei Arcania nicht um ein klassisches Rollenspiel, sondern um ein Action-Rollenspiel, da die Rollenspielelemente auf einem knappen Niveau gehalten sind und sich auf das Wichtigste beschränken, während den Action-Elementen grösseres Gewicht beigemessen wurde.

Mein Name ist Nobody

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Nach dem Prolog geht es richtig los und ihr erwacht als namenloser Held auf der Insel Feshyr, wo ihr erstmal ein paar Prüfungen lösen müsst, um eure Geliebte Ivy ehelichen zu dürfen. Während ihr damit beschäftigt seid, überfallen die Paladine des Königs jedoch die Insel und liquidieren dabei sämtliche Bewohner, so dass die Heirat nun ins Wasser fällt und stattdessen erstmal Rache angesagt ist. So macht sich unser Held denn auf, dem König das Fürchten zu lehren.

Im Unterschied zu traditionellen Rollenspielen, wo ihr zu Beginn Rasse, Aussehen, Fähigkeiten etc. eures Charakters definieren und diesem einen Namen geben könnt, geht es also bei Arcania direkt los mit einem vorgegebenen, namenlosen Charakter. Mit der Start-Taste lässt sich ein Kreismenü aufrufen, von welchem man problemlos alle wichtigen Untermenüs wie z.B. das Inventar oder die Fertigkeiten aufrufen kann. Ebenjenes Fertigkeitenmenü lässt aber den Rollenspielliebhaber zuerst einmal leer schlucken: Soll das alles sein? Und was ist das überhaupt für eine Darstellung? So gibt es lediglich acht verschiedene Werte oder Fertigkeiten, welche sich weiterentwickeln lassen, wobei es sich dabei um einen wilden Mix aus Charakterwerten wie z.B. "Vitalität" und Fertigkeiten wie z.B. "Schleichen" handelt. Hardcore Rollenspielliebhaber werden also herb enttäuscht sein - für Einsteiger oder Liebhaber einfacherer Rollenspiele kann diese Vereinfachung aber durchaus sinnvoll sein.

Das Handwerksmenü ist demgegenüber vielseitiger: Hier dürft ihr eigene Waffen bauen, Tränke brauen, Fleisch braten und vieles mehr. Was ihr dazu braucht sind die jeweiligen Zutaten und ein entsprechendes Rezept. Freundlicherweise zeigt einem das Spiel auch ungefragt sofort an, wenn man etwas herstellen kann. Solche Hilfeoptionen, welche es z.B. auch bei der Karte - welche gut gelungen und sehr übersichtlich ist - und den Anzeigen von Missionszielen gibt, können im Einstellungsmenu einzeln ausgeschaltet werden, was das Spiel natürlich ein wenig schwieriger macht, da man dann z.B. sein nächstes Ziel länger suchen muss.

Auch sonst gibt es im Spiel einige Dinge, die den Rollenspielliebhaber befremden. So gibt es z.B. einige Rollenspieltypische Aktionen wie Schlafen, das Schwert am Wetzstein wetzen, im Kochtopf rühren oder Goblintrommeln benutzen. Diese Aktionen sind zwar schön umgesetzt, d.h. es wurde eigens eine Animation dafür kreiert - aber sie haben null Auswirkung. Das Schwert wird z.B. nicht schärfer wenn man den Wetzstein benutzt und man regeneriert auch keine Lebenspunkte wenn man in einem Bett schläft.

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Auch die Interaktion mit der Umwelt hält sich in Grenzen. Im Gegensatz zu vielen anderen Rollenspielen kümmert es in Arcania z.B. niemanden, wenn man in ein fremdes Haus eindringt und vor den Augen des Bewohners dessen Truhe knackt und den Inhalt einpackt. Bei "Oblivion" hätte man da sofort die Stadtwache am Hals.

Open World?

Die Landkarte des Spiels ist ziemlich gross und wunderschön gestaltet, was auf Anhieb zu grösseren Erkundungstouren animiert. Schnell wird man jedoch feststellen, dass nicht die ganze Karte von Anfang an zur Verfügung steht. Das Spiel ist vielmehr sehr linear aufgebaut. Nach Abschluss des jeweiligen Teils der Hauptquest in einem Gebiet kann man zum nächsten Gebiet weiterreisen, wobei dazwischen immer eine Zwischensequenz den Handlungsstrang weitererzählt. Zur Überbrückung grösserer Distanzen gibt es Teleporterpunkte, welche einmal entdeckt ein schnelleres Reisen ermöglichen. Positiv fällt auf, dass es weder beim Betreten von Gebäuden noch beim Betreten von Höhlensystemen Ladezeiten gibt, d.h. man öffnet die Tür und spielt nahtlos weiter.

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Die Quests im Spiel sind zahlreich und gliedern sich in Abschnitte der Hauptquest und Nebenquests, welche sich vielfach darauf beschränken, dass man für eine Person ein halbes Dutzend Pilze, Pflanzen oder sonst irgendwas einsammeln soll. Glücklicherweise befinden sich die einzusammelnden Gegenstände meistens in der Richtung, in welche uns die Hauptquest ohnehin als nächstes führen wird, so dass man nicht unnötig grössere Umwege machen muss. Allgemein muss gesagt werden, dass die Quests eher einfach geraten sind, es jedoch z.T. auch verschiedene Lösungsmöglichkeiten gibt.

Stimmung pur!

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Während es bei der Grafik einige Abstriche zu machen gibt - teilweise "ploppen" Pflanzen etc. in unmittelbarer Nähe des Spielers ins Sichtfeld und mischen sich hochaufgelöste mit niedrigaufgelösten Texturen - muss man doch sagen, dass die Spielwelt sehr schön designt ist, so dass diese Mängel auf Dauer nicht störend sind. Das Artwork ist von erster Güte und es dürfen immer wieder atemberaubende Orte entdeckt werden. Ebenso tragen das schön wellend animierte Meer, die Tageszeiten sowie der Himmel mit den wechselnden Wolken- und Wetterbedingungen zu einer dichten Atmosphäre bei, welche auch durch eine stimmige Soundkulisse untermalt wird. Die Soundeffekte müssen allerdings im Optionsmenu zuerst neu eingestellt werden, da man mit den Standardeinstellungen entweder die Musik nicht hört oder vor Schreck vom Stuhl fällt, wenn es bei Regenwetter auch noch anfängt zu Blitzen und Donnern.

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Ein grobes Malheur haben sich die Entwickler allerdings bei den Charakteren der Welt geleistet - dies war eigentlich der Punkt, der mich beim Spiel am meisten gestört hat: Es gibt anscheinend nur sehr wenig verschiedene Gesichter. So kann es sein, dass man eben noch im Städtchen Stewark mit einer wichtigen Figur der Hauptquest gesprochen hat und dann beim Weg nach Draussen nach der Zugbrücke auf eine Waldläuferin trifft, welche haargenau gleich aussieht. Das ist nicht nur störend, sondern anfangs auch verwirrend.

"Komm her, Schurke!"

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Abschliessend einige Bemerkungen zum Gameplay, wobei das Kampfsystem besonders zu erwähnen ist. Wie bereits angetönt sind die Kampfbewegungen gut animiert und lassen sich präzise steuern, wobei der Spieler von Anfang an auch mehrere Gegner gleichzeitig mit seinen Hieben bearbeiten kann. Durch drücken der X-Taste kann der Held Schläge zu Kombinationen aneinanderreihen - welche mit steigendem Level im Fertigkeitenmenu ausgebaut werden können - und durch Halten der X-Taste kräftigere Hiebe austeilen. Die Y-Taste ist für das Blocken mit einem Schild oder das Ausweichen mittels Rolle gedacht.

Gezaubert wird mit RB und mit RT kommt eine Fernwaffe wie Bogen oder Armbrust ins Spiel. Die Möglichkeit, verschiedene Waffen, Tränke und Zauber auf dem digitalen Steuerkreuz als Hotkey zu belegen, ermöglicht den schnellen Wechsel auch während des Kampfs, was hin und wieder sehr nützlich ist. Ein wenig störend ist jedoch, dass es keine Zielmarkierungsfunktion gibt. Das hat zur Folge, dass man Magie in einem Getümmel aus vielen Feinden unter Umständen nur schwer einsetzen kann, da man immer genau Zielen muss bzw. wie bei einer Fernwaffe beim Zaubern die Feinde aus der Egoperspektive sieht. Ausserdem scheinen die Entwickler bei der Armbrust die Zoom-Funktion vergessen zu haben, welche beim Gebrauch eines Bogens tadellos funktionniert.

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Fazit

Als grosser Fan von RPGs bin ich bei der Bewertung von Gothic 4 - Arcania hin und hergerissen. Es handelt sich dabei nämlich nicht um ein Rollenspiel (was man aufgrund der PC-Vorgänger erwartet hätte). Das Spiel als reines Actionspiel zu bezeichnen, wäre aber genauso falsch, wenn man im Vergleich an aktuelle Titel wie z.B. God of War III denkt. Treffend wäre wohl, das Spiel als Adventure mit Action- und Rollenspielelementen zu bezeichnen.

Trotz der vielen kleinen Mängel, welche das Spiel meines Erachtens hat, hat mich die wunderbar gestaltete Spielwelt sofort in ihren Bann gezogen. Auch dürfte Acrania vom Umstand profitieren können, dass es ansonsten wenig Rollenspiele oder rollenspielähnliche Games auf PS3 und XBOX gibt. Es bleibt zu hoffen, dass die Entwickler die Mängel bis zum Erscheinen der Playstation 3 Version im März 2011 beheben werden.


judgementbox
Arcania: Gothic 4
Positiv

Optisch und akustisch sehr schön gestaltete Spielewelt mit viel Charme, tolle Zwischensequenzen, mehr als 30 Stunden Spielzeit

Negativ

Eine Reihe kleinerer Mängel lassen das Spiel unfertig wirken, einige Grafikmängel, merkwürdig gestaltetes Fertigkeitenmenü, relativ einfache Quests, zu linearer Spielaufbau

Alleine spielen: Sehr gut!
Mit Freunden auf dem Sofa spielen: Gibt's nicht.
Mit Freunden im Internet spielen: Gibt's nicht.
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Arcania: Gothic 4
Erhältlich für PlayStation 3, Xbox 360
Von Spellbound Entertainment (Developer)