LORD OF THE RINGS CONQUEST
Testbericht | PS3 | Xbox 360

Lord Of The Rings Conquest

vor 15 Jahren von DN, Aktualisiert: vor 11 Jahren

Wer kennt sie nicht: Die Lord Of The Rings-Filme sind unbestrittenermassen ein Meisterwerk, auch und gerade für Fans des Buches. Seit diesen gehaltvollen Kinoabenden sind einige Game-Fassungen erschienen, die grösstenteils wirklich gut umgesetzt waren. Die neuste "Ausschlachtung" gehört leider nicht dazu.

In den Sand gesetzt

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Elbische Attentäter mit Kung-Fu-Moves? Uruk-Hai-Magier? What? Es gibt leider keinen grossen Umweg zum Fazit für dieses Spiel: Für Nicht-Kenner der Saga kaum zu ertragen, und für Fans eine schlimme Beleidigung. Man nehme es mir nicht übel wenn hier in der Folge noch ein paar weitere negative Schlussfolgerungen dazukommen, aber nach einigen Stunden mit dem Spiel bleibt eigentlich nicht viel mehr übrig als ein stumpfes und leeres Gefühl der Enttäuschung. Der Eindruck bleibt, dass hier aus einem genialen Fundus, wie gemacht eigentlich für ein tolles Videogame, vieles rausgepickt und auf unmögliche Art und Weise vergewaltigt und verwurstelt worden ist.

Bevor ich auf einige Aspekte etwas näher eingehe, vielleicht ein paar Überlegungen: Wurde den verantwortlichen Entwicklern etwa mitten in der Produktion der Geldhahn zugedreht? Oder hat EA ein paar Dutzend Weltfremde gefunden, die sich mit dem Universum von Herr Der Ringe nicht auskennen? Das werden wir wohl nie erfahren. Wollen wir auch nicht.

Beam me up, Scotty!

Ja, und zwar weit weg von diesen lieblos gestalteten, technisch unhaltbaren Möchtegern-Mittelerde-Welten. Die Entwickler von Pandemic haben sich zwar einiges einfallen lassen: Man bekommt im Verlauf des Spiels die Möglichkeit als Krieger, Späher (eine Art Meuchelmörder), Bogenschütze oder Magier, dazu als Ents, diverse Helden des Originals und auch als diverse Bösewichte wie Trolle, Nazguls oder sogar Sauron in den Kampf zu ziehen.

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Die Voraussetzungen durch die beiden Kampagnen auf der Seite der Guten und der Bösen scheinen also spannend - dabei bleibt's dann aber auch. Die Originalschauplätze des Buches / der Filme in chronologischer Reihenfolge sind zwar einigermassen getreu umgesetzt worden, jedoch von der Präsentation her (einmal abgesehen vom unzerstörbaren Soundtrack) ungefähr auf dem Niveau eines PlayStation2-Titels von vor 5 Jahren. Natürlich in höherer Auflösung, aber das verstärkt umso mehr den Eindruck einer durch und durch lahmen Aufmachung. Angefangen bei der Charakteranimation (R2D2 wäre ein Dancing-Star im Vergleich), hin zu den Spezialeffekten (ja, wo sind sie denn?), den Texturen, dem Design der Figuren, bis hin zur lausigen Kollisionsabfrage, die mitunter zu ungewollt komischen Situationen führen kann. Ein Ork, der nach einem Schwerthieb mitten in der Luft auf der Höhe einer Mauer steht und nichts mehr tut ist keine Seltenheit, aber durchaus amüsant. Lebensenergie-Teilchen, die tote Gegner ab und zu hinterlassen, müssen andererseits aber fast punktgenau aufgesammelt werden. Irgendwie wollte man hier die Spieler wohl verarschen.

Dazu kommen diverse Bugs: Ich blieb z.B. mal in der Einleitung einfach stecken, sprich die Gegner wollten auch nach 20 Minuten nicht aufhören immer wieder am gleichen Punkt neu zu erscheinen. Eigentlich sollte ein Tutorial Lust machen auf mehr, nicht zum Durchhalten zwingen.

Alleine oder zu zweit leiden

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Auch bei den Spielmodi war die Grundidee eigentlich sehr gut. Man kann wahlweise alleine vor sich hin metzeln, zu zweit via Splitscreen in die Schlacht ziehen oder sich online mit Wildfremden prügeln.

Fehlanzeige. Singleplayer ist meines Erachtens unspielbar, aufgrund der verschiedenen Charakterklassen scheint das Spiel wie von selbst davon auszugehen, dass man nicht alleine ist. Dies ist zwar auch nicht die Realität des Spiels, da man jeweils einen Haufen computergesteuerte Halbschlaue dabeihat. Diese agieren jedoch noch dümmer als die Gegner, und das will hier echt was heissen.

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Alles passiert irgendwie um einen herum, man hat nie wirklich das Gefühl Teil des Geschehens zu sein (ausser man prügelt gerade auf ewiggleich ausschauende Gegner ein), und das Ganze schaut auch noch ziemlich dürftig aus. Die Gegner erscheinen im Dutzend blockweise (kein Witz) irgendwo an bestimmten Stellen aus dem Nichts (Hallo? Klingonenschiff im Orbit mit Orktank angehängt?), und durch solche und ähnliche Unzulänglichkeiten verblasst jegliches "Ich-bin-dabei-Gefühl". Sollte man zufälligerweise auch noch eine Affinität haben für J.R.R. Tolkiens Werke, sollte man wirklich nicht auf die Idee kommen, sich dieses Spiel anzutun.

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(Toll! In diesem Gefecht wird man manchmal unvermittel von Nazguls vom Boden gepflückt und zu Tode geschmissen. Völlig zufällig. Einfach so. Danke, Herr Gamedesigner XY, sowas braucht die Welt definitiv nicht!)

Tja. Optimistisch wie man unter Umständen ist, ab in den Multiplayer-Splitscreen-Mode. Erinnerungen an die GameCube Ausgabe von "The Return Of The King" werden wach in Erwartung an was da kommen möge. Das Spiel damals war wirklich gut gemacht, vermochte den Spieler reinzuziehen und überzeugte derart, dass ich mich zusammen mit einem guten Freund von mir stundenlang daran erfreute Hunderte von Orks zu metzgen.

Und schon wieder wird man arg bestraft für den falsch angelegten Optimismus: Die Balance im Spiel ist zwar besser, aber das Ganze macht einfach irgendwie keinen richtigen Spass. Dazu kommt eine unnötig komplizierte Steuerung, komische Neuinterpretierungen der Geschichte, Fluten von Gegnern statt ein paar clevere Schergen, und und und. Die Gegner wirken reingepappt und hingebeamt, die grösseren Gegner schauen ziemlich lächerlich aus (Trolle eher wie Gorillas und Balrog wie ein schlecht animiertes Streichholz), und die Spielabschnitte gehen irgendwie ohne Flow ineinander über.

Es gibt weder Erfahrungspunkte, noch erzielbare Upgrades, oder sonstwie ne grosse Motivation nach kurzer Zeit den Controller nicht wegzulegen und eine andere Scheibe einzuschieben.

Online Multiplayer erfordert übrigens die Einrichtung eines EA-Benutzerkontos. Dieses ist zwar gratis, aber umständlich und weit an jeglicher Benutzerfreundlichkeit vorbei. Hallo? EA? Eingeloggt in das PSN sollte ja wohl reichen. Und nein, danke, ich brauche nicht noch mehr Spam in meiner Mailbox.

Tut Euch den Gefallen und schaut Euch stattdessen den Film an!

(Dank geht an Flo für die Splitscreen Test-Session und die Inputs, sowie an Smi für die guten alten Zeiten mit dem Vorgänger auf dem Cube)


judgementbox
Lord Of The Rings Conquest
Positiv

Hm? Na ja, die Idee war nicht schlecht.., einige Spezialattacken der einzelnen Charakterklassen sind ganz okay, viel mehr fällt mir nicht ein

Negativ

Das Game macht keinen wirklichen Spass, auch nicht zu zweit oder online, die Präsentation ist eines 2009-Titels unwürdig, für Fans ist das Game eine Beleidigung, verpasstes Potential an allen Ecken und Enden

Alleine spielen: Vermeiden!
Mit Freunden auf dem Sofa spielen: Nur für Fans.
Mit Freunden im Internet spielen: Vermeiden!
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Lord Of The Rings Conquest
Erhältlich für PlayStation 3, Xbox 360
Von Electronic Arts (Publisher)