OUYA: DAS DEFINITIVE REVIEW
Testbericht | Android

OUYA: Das definitive Review gold_medium

vor 10 Jahren von LKM, Aktualisiert: vor 10 Jahren

Trotz einigen Kinderkrankheiten ist die OUYA ein sehr vielversprechender erster Schritt.

Die Geschichte der OUYA hat am 10. Juli 2012 begonnen. Damals wurde das Kickstarter-Projekt für die Android-basierte Konsole gestartet. Um die Konsole zu produzieren, hätte OUYA 950'000 US$ benötigt. Über 60'000 Gamer waren von der Idee aber derart begeistert, dass OUYA am Ende beinahe 9 Millionen US$ Kapital bekam, um ihre Idee zu verwirklichen.

Heute, rund ein Jahr später, ist es nun soweit. Wir haben eine OUYA-Konsole in unserem Testlabor, und wir haben sie für euch unter die Lupe genommen.

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Die Entstehungsgeschichte der OUYA ist eindrücklich; es ist nicht einfach, innerhalb eines einzigen Jahres eine komplett neue Spielkonsole zu entwickeln, auch wenn die OUYA auf standard-Komponenten basiert, die man in vielen Handys findet. Dementsprechend hat die Konsole auch recht viele Kinderkrankheiten, die man bei einem Gerät von Sony, Nintendo oder Microsoft so nie sehen würde.

Aber auch beim Versand läuft noch nicht alles ganz rund. Viele Besteller mussten länger auf ihre Konsole warten, als versprochen. Und Wisegamers hat drei zusätzliche Controller bestellt — die sind aber irgendwo verloren gegangen, deshalb konnten wir das Gerät nur mit einem einzigen mitgelieferten OUYA-Controller testen.

(Update: Ouya hat uns darüber informiert, dass zusätzliche Controller erst später versendet werden.)

Hardware

Die OUYA ist die vermutlich kleinste Spielkonsole, die je produziert wurde. Das etwa faustgrosse Teil wird per HDMI am TV angeschlossen. Neben dem Stromkabel hat die OUYA nur noch einen USB-Anschluss und einen Ethernet-Anschluss (den man allerdings nicht benötigt; das Gerät kommt mit integriertem Wireless-Anschluss).

SD-Karten kann man hier (im Gegensatz zu vielen anderen Android-Geräten) nirgends anschliessen. Wer mehr Speicher als die mageren eingebauten 8 GB braucht, kann per USB beispielsweise einen Memory-Stick anschliessen. Aktuell scheint das System aber noch keine Spiele auf den Memory-Stick speichern zu können. Ausserdem ist unklar, ob der USB-Anschluss der OUYA genügend Power liefert, um eine externe HD zum laufen zu bringen.

Am USB-Anschluss kann man übrigens auch eine Tastatur anhängen; OUYA unterstützt so ziemlich alles, was von normalen Android-Geräten unterstützt wird.

Im Gerät steckt ein Nvidia Tegra 3. Das ist kein schlechter Chip, aber leider auch nicht Nvidias neustes Modell. Der Tegra 3 war vor einem Jahr aktuell, als die OUYA angekündigt wurde. Damit ist auch ungefähr klar, welche Grafikqualität man erwarten darf: in etwa das, was man vor einem Jahr auf Mobiltelefonen sah.

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Der mit 1.7 GHz getaktete Chip kann auf ein einziges GB RAM zugreifen. Das tönt nach wenig, man sollte aber bedenken, dass bei PS3 und Xbox 360 gerade mal die Hälfte dessen eingebaut wurde.

Alles in allem kommt die OUYA grafisch nicht ganz an die Qualität der aktuellen Konsolen-Spiele ran. Der Unterschied ist klar erkennbar, aber immerhin nicht riesig.

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Controller

Die OUYA kommt mit einem Controller, dessen Button-Layout stark an die Xbox 360 erinnert. Er ist schön gross und für erwachsene Hände ausgelegt. Der Controller fühlt sich etwas billiger an als beispielsweise ein Xbox-Controller, aber trotzdem nicht wie ein billiger 10-Franken-Controller aus dem Supermarkt.

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Wenn man die beiden silbernen Platten auf dem Controller entfernt, kann man links und rechts eine Batterie einfügen. Unserer Meinung ein guter Kompromiss zwischen der fix eingebauten Batterie beim PS3-Controller (wenn die Batterie leer ist, ist der Spielspass zu Ende, es sei denn, man hat ein sehr langes USB-Kabel) und dem grossen, aussen angeflanschten Batterie-Pack vom Xbox-Controller.

Dieses Video zeigt, wie man die Batterien wechselt:

Rein aus ergonomischer Sicht gehört der OUYA-Controller zum Besseren, was es aktuell auf dem Markt gibt, zumindest für meine grossen Männer-Hände.

Der Controller hat je zwei analoge und zwei digitale Schulterknöpfe. Die analogen Schulterknöpfe fühlen sich etwas knirschend an.

Vorne hat der Controller zwei Analog-sticks, ein D-Pad links, vier Knöpfe (die mit den Buchstaben O, U, Y und A beschriftet sind) rechts und einen Knopf in der Mitte. Ausserdem hat der Controller ein Touchpad, mit dem man einen Cursor bewegen kann. Ein Tap auf dem Touchpad führt einen Klick aus.

Das D-Pad ist schön gross. Es fühlt sich etwas ungenau an, man kann sich aber durchaus damit abfinden. Die Knöpfe auf der rechten Seite sind toll gelungen und erinnern an Nintendos beste Zeiten.

Das Hauptproblem sind die Analog-Sticks. Zunächst ist mir das Problem gar nicht aufgefallen; die Analog-Sticks fühlen sich gut an. Sie sind griffig, und man fühlt eine angenehme Gegenkraft, wenn man sie drückt.

Dann habe ich Ice Rage und Dub Wars gespielt. In beiden Spielen muss man eine Spielfigur frei in alle Richtungen bewegen können (Dub Wars ist ein Twin-Stick-Shooter im Stil von Geometry Wars oder Super Stardust HD). Bei diesen Spielen wird schnell klar, dass man die Spielfiguren mit dem OUYA-Controller nicht flüssig bewegen kann.

Der Grund ist ebenfalls schnell gefunden. Das hier ist ein Bild vom Feedback eines PS3-Controllers:

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Die roten Punkte sind Stick-Positionen, die der Controller an die Konsole meldet. Man erkennt, dass die Punkte schön verteilt sind. Alle Bereiche des Sticks sind gleich sensitiv. Der Controller meldet immer die exakte Position des Sticks an die Konsole.

Das ist der selbe Test mit dem OUYA-Controller:

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Der Controller meldet viel mehr Punkte entlang der beiden Kardinalachsen. Es ist nicht ganz klar, weshalb das passiert. Womöglich ist der Controller entlang dieser Achsen sensitiver, oder der "tote Bereich" wenn man den Stick nicht bewegt ist falsch implementiert und betrifft nicht nur das Zentrum vom Stick, sondern die beiden Achsen. Resultat dieses Verhaltens ist, dass sich der Controller seltsam verhält, wenn man eine Figur in alle Richtungen bewegen muss.

Solange man eine Figur hauptsächlich horizontal oder vertikal bewegt, fällt dieses Problem nicht auf. Sobald man Spiele wie Dub Wars einlegt, beginnen die Probleme.

Es ist möglich, die OUYA mit USB-Controllern oder mit PS3-Controllern (über Bluetooth) zu steuern. Das löst das Problem; die Spiele, welche mit dem OUYA-Controller Probleme hatten, funktionieren mit dem PS3-Controller problemlos. Nur: mit dem PS3-Controller stimmen die Knopf-Labels nicht, der linke Analog-Stick ist in der falschen Position, man kann den Mauszeiger nicht bewegen, und es funktioniert nicht immer alles ganz richtig.

Und noch ein Problem: wenn man zu zweit spielt und der eine Spieler mit dem OUYA-Controller spielt, dann ist diese Person gegenüber dem Spieler mit dem PS3-Controller je nach Spiel klar im Nachteil.

Software

Die OUYA läuft mit Android 4.1 (Jelly Bean). Davon sieht man aber kaum etwas. 99% der Zeit befindet man sich in einem speziell für die OUYA entwickelten Interface.

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Das Menu der OUYA ist definitiv sehr einfach gehalten, wirkt durch den starken Fokus auf Text aber schlicht, modern und schnell. Im Hauptmenu wählt man zwischen "Play" (runtergeladene Spiele spielen), "Discover" (neue Spiele laden), "Make" (eigene Spiele auf die OUYA laden) und "Manage" (wo man die Konsolen-Einstellungen ändern kann).

Im Store sind alle Spiele mit einer kurzen Beschreibung und Screenshots ausgestattet. Da die meisten Games klein sind, sind sie recht schnell runtergeladen. Einige der Spiele brauchen aber recht viel Platz; da wird man schnell mit der Meldung konfrontiert, dass die 8GB der OUYA nun voll sind.

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Die OUYA ist komplett offen. Jede OUYA ist auch eine Entwicklungsmaschine, mit der OUYA-Spiele gemacht werden können. Und man kann beliebige Android-Apps darauf laden (wobei die meisten von diesem Apps mit dem Controller aber wenig anfangen können).

Alle Spiele im Laden können gratis runtergeladen werden. Je nach Spiel hat man mehr oder weniger Zugriff auf Inhalt, bis man es kauft. Kaufen kann man die Games dann direkt im Spiel selber. Mit zwei mal Knopf drücken ist man dann 15$ ärmer, und dafür um ein Tower Fall reicher. Viele der Spiele sind allerdings schon für zwei oder drei US$ zu haben.

Soziale Features hat die OUYA noch nicht, das soll aber für ein Software-Update geplant sein.

Launch-Games

Die OUYA startet mit beinahe 200 verschiedenen Spielen im Online-Store. Ein grosser Fokus wird auf Couch-Gaming gelegt; wer gerne lokal gegen seine Freunde spielt, findet auf der OUYA das eine oder andere Schmankerl. Hier eine Auswahl.

Tower Fall

Das Pixel-Game wurde vielerorts als Killer-Spiel für die OUYA beschrieben. Nach einem kurzen Anspielen wird schnell klar, weshalb: so viel Spass hatte ich schon lange nicht mehr. In Tower Fall spielt man gegen bis zu drei andere Spieler (alleine Spielen ist möglich, aber nicht wirklich empfehlenswert). Jeder Spieler wählt einen Charakter aus, und dann geht's darum, die Gegner so oft wie möglich um die Ecke zu bringen.

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Zunächst tut man das, indem man sich gegenseitig mit Pfeilen beschiesst. Davon hat man aber nur drei. Nach dem Abschuss bleiben sie in der Wand stecken und können wieder eingesammelt werden, was bereits zu einem furiosen Gewusel führt.

Dazu kommt, dass man sich auch indirekt, durch "Umwelt-Effekte", bekämpfen kann. So kann man auf eine Kugel schiessen, die dem Gegner dann auf die Mütze fällt. Oder man kann ihm einfach direkt auf die Mütze hüpfen.

Für alle Leute mit Freunden eine klare Kaufsempfehlung.

Final Fantasy III

FFIII muss man wohl nicht weiter erklären: es handelt sich um ein 3D-Remake des klassischen japanischen RPGs. Das Remake wurde ursprünglich für den Nintendo DS entwickelt. Das äussert sich vor allem durch die tiefen Polygon-Zahl und die etwas pixeligen Texturen. Spass macht das Spiel aber trotzdem.

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BombSquad

Noch ein Multiplayer-Game. Hier geht's darum, sich gegenseitig niederzuboxen und mit Bomben zu bewerfen.

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BombSquad ist ein sehr simples Spiel, gehört aber zu den höchstbewerteten Launch-Spielen der OUYA. Sich gegenseitig in die Luft zu ballern ist (zumindest wenn es nur virtuell passiert) ein sehr empfehlenswerter Zeitvertrieb.

ChronoBlade

ChronoBlade ist ein Progelspiel mit hübscher Grafik, welches leider die Grenzen der OUYA etwas aufzeigt. Die hübsche Grafik führt nämlich zu einer ziemlich tiefen Framerate.

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A Fist of Awesome

Noch ein Prügelspiel, dieses mal mit Grafik, die eher zur OUYA passt, aber nicht weniger hübsch ist. In diesem Pixel-Game haut man Bären und Elchen gehörig auf die Ohren.

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Vector

Vector ist ein hübsches Rennspiel, welches stark an Canabalt erinnert, aber eigene Persönlichkeit entwickeln kann.

Ice Rage

In diesem Hockey-Spiel treten bis zu zwei Spieler gegeneinander an und hauen sich die Hockey-Schläger um die Ohren. Von Zombies bis Katzen kann man alle möglichen Figuren wählen, und das Spiel macht enorm viel Spass. noch besser wäre, wenn vier Spieler unterstützt würden.

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Hidden in Plain Sight

In diesem enormen smarten Multiplayer-Spiel gehts vor allem auch darum, die Mitspieler zu täuschen. Niemand weiss nämlich, welche Spielfigur zu welchem Spieler gehört. Dies herauszufinden ist Teil vom Gameplay.

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You Don't Know Jack

Das Quiz-Spiel aus den 90ern macht noch heute enorm viel Spass — je mehr Spieler, desto mehr Spass.

...und mehr Games

Da die OUYA mit beinahe 200 Spielen gestartet ist, können wir leider nur einen sehr oberflächlichen Eindruck über die Games vermitteln. Unsere Kollegen von Day of the OUYA haben mehr Reviews der verschiedenen Spiele online gestellt.

Bemerken muss man an dieser Stelle auch, dass die Qualität der Games teilweise sehr unterschiedlich ist. Entwickler können sehr einfach eigene Spiele publizieren, was klar ein Plus ist. Ein Nebeneffekt davon ist aber, dass nicht alle Spiele gleich gut getestet wurden. Einige der Spiele haben wir bei uns sogar überhaupt nicht zum Laufen gebracht. Das würde man auf einer Wii oder PlayStation so nie sehen.

Glücklicherweise kann man alle Games vor dem Kauf testen. So bezahlt man nicht für Games, die gar nicht richtig funktionieren.

Emulatoren

Bisher haben wir nur über Games gesprochen. Dabei hat die OUYA noch einen ganz anderen Aspekt: man kann Emulatoren direkt im Store runterladen, und klassische Konsolen-Spiele auf der OUYA spielen. Von NES bis Nintendo DS findet man Emulatoren für so ziemlich jedes Gerät. Viele der Emuatoren kommen mit frei erhältlichen, legalen Games vorinstalliert.

Neben all den originalen OUYA-Games ist das ein echter Kaufsgrund für die Konsole.

Fazit

Mit der ersten Konsole ist OUYA ein eindrücklicher Start gelungen. In nur einem Jahr hat die Firma wirklich enorm viel erreicht. Dass nicht alles gleich beim ersten Versuch 100% perfekt gelungen ist, ist verständlich. Schlussendlich haben wir nur zwei wirklich grosse Negativpunkte zu vermelden: die problematischen Analog-Sticks und die teilweise schlechte Qualität einiger Spiele.

Das erste Problem kann man umgehen, indem man Spiele vermeidet, die den Analog-Stick stark fordern, oder indem man PS3-Controller verwendet.

Das zweite Problem wird sich wohl in den nächsten Monaten selber lösen.

Soll man sich aktuell eine OUYA besorgen? Für Videogames-Fans, die ein minimum an technischem Wissen mitbringen, ist die OUYA eine lustige Option, die vor allem bei Multiplayer-Spielen viel Spass macht.

Wer eine 100% perfekte Lösung erwartet, bei der alles komplett durchdacht ist und problemlos funktioniert, der sollte sich wohl lieber eine Wii U besorgen, oder auf die PS4 warten.

Deshalb vergeben wir nur die Bewertung "Für Fans", vergeben aber trotzdem einen Editor's Choice. Die OUYA ist ein eindrückliches Gerät, welches dem richtigen Besitzer viel Spass bereiten wird — aber sie ist nicht für alle Gamer gleich gut geeignet.

Zukunft

OUYA plant, die Konsole regelmässig zu erneuern. Eine Version mit dem Tegra 4-Chipsatz dürfte in den nächsten 12 Monaten auf den Markt kommen. Dank Android können Spiele trotz neueren Chips rückwärtskompatibel bleiben.

OUYA ist aber nicht alleine auf dem Markt der Android-Konsolen. Neben verschiedenen kleineren Anbietern wird's auch von Mad Catz und womöglich von Google selber Android-Konsolen geben. Und Nvidia plant ja eine portable Android-basierte Konsole.

Vorläufig bleibt OUYA aber Platzhirsch. Es bleibt zu hoffen, dass die Kinderkrankheiten möglichst bald ausgebügelt werden. Dann könnte OUYA zu einer echten Konkurrenz für die drei grossen Konsolen-Hersteller werden.

Update

Wir haben ein Follow-Up publiziert: Ouya und Nvidia Shield: Drei Monate später.

judgementbox
gold_medium
Positiv

Geniales Konzept, sehr klein und leise, tolle Spiele-Auswahl, ein paar wirklich geniale Launch-Titel wie Tower Fall, Final Fantasy III und BombSquad, ergonomischer Controller, tiefer Preis

Negativ

Analog-Sticks sind nicht für alle Game-Genres gut geeignet, vieles wirkt noch etwas unfertig

Alleine spielen: Nur für Fans.
Mit Freunden auf dem Sofa spielen: Sehr gut!
Mit Freunden im Internet spielen: Vermeiden!
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