ASSASSIN'S CREED - BROTHERHOOD Assassin's Creed - BrotherhoodAls wir letztes Jahr in der Rolle des Ser Ezio Auditore die fantastische Spielwelt von Florenz, Venedig, Rom und der Toskana zu Zeiten der Renaissance erkundeten, konnten wir uns vor Staunen und Spielspass kaum mehr auf den Sitzen halten. Wäre der Controller nicht gewesen, hätten wir wohl wie begeisterte Besucher eines Theaterschauspiels Anfang des 17. Jahrhundert alle paar Minuten erfreut applaudiert. Der Sprung von Teil 1 zu Teil 2 war gigantisch — bloss das Ende vermochte nicht so recht zu überzeugen. Bringt uns der Quasi-Teil-3 die Erleuchtung? Update: Den Test zu Assassin's Creed Revelations findet ihr hier » Alle Wege führen nach RomDer Ende von Teil 2 ist, wie zu erwarten war, der Anfang von «Brotherhood». In der Grotte unterhalb des Vatikans beginnt die Geschichte der Attentäter-Allianz, und zwar recht gemächlich. Viele Videosequenzen und Erzählabschnitte prägen die erste Stunde im Spiel. Die Flucht aus Rom und der Rückzug nach Monteriggioni für die Planung des weiteren Vorgehens gegen den Borgia-Clan mit dem neusten Haupt-Gegenspieler Ezios, Cesare Borgia, gehen flüssig vonstatten. In diesem ersten Abschnitt des Spiels begegnen euch auch gleich zwei Neuheiten: Ihr absolviert in der Rolle von Desmond in der Zukunft einen Kletterparcours à la Bonus-Tempel-Innenräume in Teil 2, und man darf (in den Renaissance-Abschnitten) im Innern der Städte auf Pferden rumreiten. Letzteres war bisher nicht möglich gewesen, und einen einleuchtenden Grund dafür gibts offensichtlich auch. Aber dazu später mehr. Ezio und der Stadt Monteriggioni ergeht es in der Folge der Geschehnisse nicht mehr ganz so gut, wie wir es uns nach mühsamem Wiederaufbau in Teil 2 gewohnt waren. Immerhin kommt Ezio noch in den Genuss einer holden Gesellschaft für eine Nacht in Form einer wohlbekannten Dame — der Morgen danach ist leider nicht mehr so zärtlich. Die Stadt wird von einer gewaltigen Armee angegriffen, ihr verliert natürlich wiedermal euer ganzes Geld samt Ausrüstung und flieht aus der Stadt. Nach der Genesung von einer Verwundung befindet ihr euch zurück in Rom. Euer unbekannter Retter in der Nähe von Monteriggioni hat wohl dafür gesorgt. Auf jeden Fall seid ihr nach einem erneuten Besuch bei einem Arzt bald wieder einigermassen fit genug, um den Verursacher all dieses Übels zu finden zur Strecke zu bringen. Im Einstiegskapitel wird auch die Parallelgeschichte mit dem Verbleib des Teams um Desmond weitererzählt, und zwar flüchten diese vor den Schergen des Templer-Konzerns direkt nach — wer hätte das gedacht — Monteriggioni! Dieser Kunstgriff ist irgendwie cool, denn man geht in der Rolle von Desmond durch Strassen und Gassen, wo statt altertümlichem Getümmel plötzlich Stromkästen und schnittige italienische Motorräder stehen. Dieses Setting des gleichen Ortes wie im Renaissance-Teil des Spiels vermittelt zum ersten Mal in der AC-Serie auf einleuchtende Art und Weise die Nähe von Desmond zu seinem Vorfahren und Alter Ego Ezio. Man spürt förmlich, wie die beiden Charakteren zu verschmelzen beginnen. Antike SchönheitBrotherhood nimmt schnell einmal etwas mehr Schwung auf, wenn man in gewohnter Manier mit Ezio durch die Gassen und alten Strassenzüge von Rom schleicht, und von Dach zu Dach hüpft. Die Strassen sind dichter bevölkert als noch in Teil 2, die Reiter bringen einen komplett neuen Aspekt in die Menschenmengen, und auch auf technischer Seite hat sich noch ein wenig getan. Die Framerate ist über grosse Strecken stabil (vertieft getestet haben wir die PS3-Version, die 360-Fassung ist praktisch identisch). Schön ist auch der fliessende Tag-Nacht-Zyklus, den es so noch nicht gegeben hat in früheren ACs. Und wenn wir gerade bei der Umgebung sind: Den Award für die schönsten Himmel der Videospielgeschichte dürfte AC Brotherhood locker einstreichen, die vorbeiziehenden Wolken und dynamischen Lichtstrahlen sind allererste Sahne. Wie ebenfalls bereits aus den Vorgängern bekannt, darf man alle paar Ecken ein paar historisch belegte Brötchen verschlingen in Form von Informations-Fragmenten über bestimmte Bauten und Personen. Dieser Live-Geschichts-Unterricht ist ein geniales Feature und hält einige witzige Überraschung aus der Geschichte der ewigen Stadt bereit. Nach ein paar Stunden im alten Rom war mein Eindruck der neuen Spielwelt etwas geteilt: Zum einen empfand ich den Mix von antiken Bauten und Wahrzeichen der Renaissance bestechend. Andererseits fehlte mir etwas die Vielfalt eines Venedig, oder die Eleganz eines Florenz aus Teil 2. Rom ist zwar (gemäss Herstellerangaben) in etwa dreimal so gross wie Florenz oder Venedig vom letzten Teil, aber dies als grundsätzlichen Vorteil zu sehen erachte ich als etwas kritisch. Wegen der grossen Distanzen haben die Entwickler wohl auch die eingangs erwähnten Pferde in die Städte gebracht, auf denen auch gekämpft werden darf. Ob man sich beim Schwertschwingen zu Pferd wohl fühlt, ist eher Geschmacksache. Ein Pferd darf man sich übrigens überall in der Stadt per Knopfdruck herbeipfeiffen — Red Dead Redemption lässt grüssen. Für das schnelle Reisen in der riesigen Stadt gibt es neu auch Schnellreisepunkte in Form von Tunnels unter der Stadt. Die jeweiligen Ein- und Ausgänge müssen aber erst renoviert werden, damit man sie benutzen kann. Nieder mit den Borgia!Der Dreh- und Angelpunkt von Brotherhood ist der Kampf gegen die Herrschaft der üblen Sippe. Die Wahrzeichen des Terrors seitens von Cesare sind die über die ganze Stadt verteilten Wachtürme samt Besatzung. Die jeweiligen Hauptmänner gilt es zu erledigen, was zur Befreiung des umliegenden Quartiers führt, und was wiederum die Renovationen von Geschäften, Schmiedewerkstätten, Tunnelportalen und anderen verkümmerten Buden ermöglichte. Diesen Mechanismus kennen wir bereits aus Teil 2, bloss kommt der Zins nun alle 20 Minuten auf ein bestimmtes Konto, auf welches bei jeder renovierten Bank zugegriffen werden kann. Der so entstehende und ständig leicht anwachsende Zustupf ist auch dringend nötig, denn das Leben als Assassine verlangt auch nach ordentlicher Garderobe und dem einen oder anderen scharf geschliffenen Accessoire. Erst recht da die Gegner seit neustem zu allem Übel auch noch über Schusswaffen in Form von schweren Gewehren verfügen. Da kann ein fehlgeleiteter Fluchtversuch schnell mal ins Auge gehen. Glücklicherweise gehört zu den eigenen neuen Errungenschaften neben einer Armbrust auch eine handliche Feuerwaffe, welche wie im ersten Teil als eigenständige Ausrüstung bereits vorhanden ist, in Brotherhood aber zusätzlich als Quasi-Finishing-Move bei bestimmten Schwertattacken am Schluss abgefeuert wird. Neben der Zerstörung ihrer Wachtürme will Ezio den Borgia und ihre Mitmischern selbstverständlich auch noch einzeln auf die Pelle rücken. Die mächtige Familie und ihre Gleichgesinnten gilt es via diverse «Spezialaufgaben» (sprich kurzerhand um die Ecke bringen) zu vernichten - verteilt auf gesamthaft 9 Erinnerungssequenzen plus Finale. Die Aufträge sind flüssig konzipiert und etwas abwechslungsreicher als in Teil 2, auch wenn es grosse Unterschiede gibt in Sachen Qualität und Originalität des Mordens. Ein Highlight daraus, ohne zuviel verraten zu wollen, ist sicherlich die Mission im Colosseo mit der Inszenierung der Passion Christi, an welcher Ezio inkognito teilnimmt. Grosso Modo haben sich die Entwickler aber einiges einfallen lassen, um Ezio in Form und euch bei Laune zu halten. Wem zwischendurch langweilig wird, darf die markige Klettererkundungstour bei der Wolfmann & Sohn GmbH und Co. KG buchen. Dieser Ausflug findet an sechs Orten verteilt statt mit je einem Romulus-Tempel, die es zu finden und zu durchqueren gilt. Mit dem ergatterten Schlüsselset darf man sich dann die tolle Bonusrüstung holen, die in einem Nebenraum einer gewaltigen Borgia-Festung eingebunkert ist. Brotherhood Inc.Ab der fünften Sequenz bekommt ihr schlagkräftige Unterstützung. Ihr dürft Bürger aus der Umgebung eines zerstörten Borgia-Turms anwerben, um euch bei euren Aufgaben auf Befehl unter die Arme zu greifen. So entsteht nach und nach eine kleine Privatarmee, die sich auch noch aufmotzen lässt, und so im späteren Verlauf des Spiels ganz ordentlich Hau-Drauf mitbringt. Wem das Spiel so zu leicht wird, kann auch einfach weiterhin alleine metzgen und nur im Notfall auf die Assistenz zurückgreifen. Das Kampfsystem wurde nämlich nochmals geschliffen, ein paar neue Mord-Instrumente sind ebenfalls hinzugekommen, und so machen die Handgemenge in AC Brotherhood noch mehr Spass als früher. Und sonst einfach markieren und die anderen machen lassen. Gerade auf hohen Levelstufen sind eure Mitstreiter ordentlich mächtig, und dürfen nach und nach mit besseren Waffen und Rüstungen ausstaffiert werden. Aus dieser Zusammensetzung ergeben sich Situationen, wo man nicht mal mehr selbst einen Finger rühren muss: Auf Befehl hagelt es Pfeile auf eure bemitleidenswerten Gegner oder springen die maximal sechs Verbündeten vom Dach und machen Hackfleisch aus einem ungeliebten Wachtrupp. Teuflisches Vergnügen bereitet es auch, dabei zuzuschauen, wie sich eure Freelance-Killer elegant aus einem Heuhaufen schälen, um dem Leben eurer Kontrahenten hinterrücks ein vorzeitiges Ende zu bereiten. Zum Live-Schlachten eurer Mini-Armee kommt ein weiteres Features hinzu, welches aber leider nur durch Menus gesteuert und mit Wahrscheinlichkeiten abgerechnet wird. Die angeheuerten Assassinen können quer durch Europa geschickt und auf bestimmte Aufträge angesetzt werden. Hier gilt: Einfach immer genügend Schmackes aussenden, und bald gibts eine freudige Rückkehr mit XPs und ordentlich Kohle. Traue niemandem, erst recht nicht in Rom: Der Multiplayer-ModusAngetestet haben wir auch den neuen Online-Multiplayer-Modus. Dieses Feature macht im Zusammenhang mit dem Namen des Spiels Sinn, obwohl man bei AC seit je her an eine äusserst typische Single-Player-Angelegenheit denkt. Ubisoft hat entgegen dieser Erwartungshaltung dem neusten AC einen Multiplayer verpasst, der wohl gemessen am Setting und den Spielmechanismen kaum besser sein könnte. Das Wechselspiel aus jagen und gejagt werden, agieren oder abwarten, hat durchaus seinen Reiz. Es ist weniger actiongeladen als die Kampagne, und von der Intensität her nicht zu vergleichen mit zeigenössischen Multiplayer-Weltmeistern wie etwa Call Of Duty und Konsorten, aber das feingliedrige Meuchelmörder-Geduldsspiel hat einen ganz eigenen Reiz. Ausprobieren ist also angesagt, der Langzeit-Motivationsfaktor ist allerdings etwas fraglich. Schön wäre als vorderhand utopische Zukunftsvision natürlich ein AC mit einer Bruderschaft von Online verbundenen Mitgliedern, und entsprechend Teamwork-basierten Missionen. Gemeinsam ein erfolgreiches Attentat mit allen Schikanen von Ablenkungsmanövern, Täuschungen, Vollzug und Flucht durchzuziehen hat bereits in GTA 4 als ziemlich rudimentäres Missionssetting höllischen Spass gemacht. FazitAssassin's Creed Brotherhood ist kein AC 3. Das will es aber wohl auch nicht sein, denn die vielen coolen Mechanismen aus Teil 2 wurden zwar konsequent weiterentwickelt und verdichtet, aber nicht neu erfunden. Wer Teil 2 mochte, kommt um Brotherhood nicht herum. In meinen Augen ist AC Brotherhood die logische und reichhaltige Fortsetzung von Teil 2 und bringt genügend neue Elemente in Sachen Story und Umgebung auf den Tisch, um euch nachhaltig an den Screen zu fesseln. Eine überarbeitete Engine und ein Setting noch näher an unserer Zeit sorgt für frischen Schwung in der Serie. Man denke an ein AC zur Zeit der französischen Revolution, der Oktober-Revolution in Russland oder des ersten Weltkrieges. Hm... ja, für sowas könnte ich mich sehr begeistern. Mal schauen was uns Ubisoft nächstes Mal auftischt. Brotherhood ist ein durchwegs solid gemachtes und spannendes Spiel. Die Parcours-Elemente sind nach wie vor erste Sahne, und die Feinheiten der Begehbarkeit der gesamten Spielwelt unübertroffen. Hie und da wünscht man sich für zukünftige Assassinen vielleicht noch etwas mehr Wendigkeit à la Cole aus inFamous. Wir bedanken uns bei Ubisoft für die freundliche Bereitstellung einer Vollversion zu Testzwecken. Getestet haben wir die PlayStation3-Version.
Assassin's Creed Brotherhood
Positiv
Schöne gestaltete authentische Spielumgebung, viel Hintergrundinfos zu geschichtlichen Besonderheiten und Wahrzeichen, konsequente Weiterentwicklung vieler guter Features aus Teil 2, packende Ausbau- und Storyelemente, rasantes und flüssiges Kampfsystem Negativ
Zehn Minuten Pflicht-Installation (PS3-Version) uncool, weniger vielfältige Spielwelt bezüglich Stadtcharakteristik als in Teil 2, Cliffhanger-Ende, nicht alle Missionen gleich spannend
Du kannst DN, den Autor dieses Beitrags, über seine Kontakt-Seite erreichen.
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