[UPDATED] THE LAST OF US
Testbericht | PS3 | PS4

[Updated] The Last Of Us gold_medium

vor 9 Jahren von DN

Nathan Drake macht Pause, und so kommen wir in den Genuss einer völlig neuen Franchise aus dem Hause Naughty Dog. Wer gemeint hat, das Studio verstehe sich ausschliesslich auf hochwertigen Action-Klamauk, ist definitiv auf dem falschen Dampfer: The Last Of Us ist Videospielkunst in Perfektion, wie man sie in dieser Konsolengeneration kaum je gesehen hat.


Remastered = knusprig

Eines der besten PS3-Spiele des Jahres 2013 ist ab sofort in einer komplett überarbeiteten Fassung für PS4 erhältlich, und das haut so richtig rein. Gemeinsam mit der üppigen Erweiterung in Form des hochklassigen Story-Zusatzkapitels «Left Behind» dürfen wir die packende Geschichte von Joel und Ellie in vollen 1080p und 60 Frames pro Sekunde noch einmal (oder allenfalls zum ersten Mal) erleben.

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Die Pilztragenden Damen und Herren im Endzeit-Actionspektakel sehen noch ekliger aus als vorher schon, die Spannung ist nach wie vor gross und der neue Fotomodus für das jederzeit mögliche Anlegen von tollen Bildern aus dem Spiel (inklusive Special Effects, Einstellung von Depth of Field und vielen weiteren Gimmicks) sorgt für tolle Laune.

Klar: Wer die Story bereits kennt und das Spiel schon durch hat, dürfte mit der PS3-Version gut bedient sein. Ich empfand das erneute Durchspiel als sehr unterhaltsam und in der vorliegenden knackigen neuen Aufmachung als ein rundum gelungenes Erlebnis, auch wenn ich bereits fast jeden Winkel der einzelnen Kapitel kannte.

Die Erweiterung «Left Behind»Â ist bei Erscheinung unter meinem Radar durchgerutscht, umso mehr erfreute ich mich ab dem sehr gelungenen Nebenschauplatz, welcher im letzten Drittel der Hauptgeschichte eingeschoben werden kann.

Mit der Remastered-Ausgabe für PS4 wurde auch der Multiplayer-Modus nochmals erweitert, welcher aber immer noch eher ein vernachlässigbares Dasein fristet.

Fazit

Für TLOU-Neulinge mit einer PS4 zuhause ein absoluter Pflichtkauf, für Pilzdesinfektions-Veteranen mit Fungizid im Gepäck ein durchaus würdiger zweiter Durchlauf.


Der Anfang vom Ende

Die Welt ist gestorben. Oder besser gesagt: von Pilzbefall zunichte gemacht worden. Die wenigen Überlebenden streiten sich um wertvolle Ressourcen und Nachschub an Munition und Verpflegung. Das Leben ist hart, sämtliche Gegenden ausserhalb der geschützten Zonen gelten als tödlich.

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In dieses reizvolle Szenario, welches anhand der USA visualisiert wird, treten die beiden Hauptdarsteller Joel und Ellie. Der Mann um die 40 mit grimmigem Blick hat alles verloren, was ihm lieb war. Er ist zur Zombie-Killer-Maschine geworden und verdient seinen Unterhalt mit Schmuggeln. Die junge Frau hingegen weiss kaum etwas von der echten Bedrohung «draussen», sie war nie ausserhalb der geschützten Camps. Die Wege der beiden ungleichen Gefährten kreuzen sich auf verschlungene Weise, alles beginnt mit einer verschwundenen Ladung Schmuggelware.

Die Geschichte um die beiden Protagonisten ist ergreifend und lässt einen so schnell nicht mehr los. Die Figuren sind lebhaft und glauwürdig gezeichnet und wirken in ihrer Pracht wie echte Wesen. Dahinter steckt sicherlich der gigantische Aufwand der Entwickler mit neuster Motion Capture-Technologie einerseits, andererseits aber auch eine hervorragende Performance der Schauspieler, welche die Rollen der Hauptdarsteller hervorragend gesprochen und zu bewegtem Leben erweckt haben.

Der Storybogen umfasst viele Szenarien und manche Wendung, hat keine Schwächen oder Hänger, und überzeugt auf ganzer Linie. Hier gibt es eigentlich nichts weiter dazu zu sagen als: Selbst erleben und staunen.

Infizierte leben länger

Im Verlauf des Spiels hat man es immer wieder mit garstigen Seuchenopfern zu tun, welche sich in verschiedenen Stadien des Pilzbefalls befinden. Eine an sich schon schauerliche Vorstellung. Kommt man den furchtbaren Gestalten in die Quere, wird es blutig. Und zwar richtig. Naughty Dog hat hier keine schonende Visualisierung gewählt, im Gegenteil. Gegner werden von Bomben zerrissen, Köpfe bersten, Körperteile fliegen durch die Gegend. Liebhaber von Zombie-Filmen und Endzeit-Gemälden werden ihre helle Freude an diesem Gemetzel haben, für meinen Geschmack ging das ein bisschen gar weit. Andererseits passt die erdig-blutige Grundstimmung zum Hintergrund des Spiels. Das hier ist schliesslich kein Kindergeburtstag.

Betritt man die Welt von Joel und Ellie, gibt es keine Schonfrist. Zombies schiessen an manchen Stellen wie Pilze aus dem Boden, im wahrsten Sinn des Wortes. Die Gefechte sind taktisch anspruchsvoll, die Infizierten verhalten sich immer wieder ein bisschen anders. Sie suchen auch mal die Gegend nach Joel ab und lassen sich nicht so leicht abschütteln.

Besonders reizvoll fand ich die Sporenwolken, wo es dann heisst: «Gasmaske auf!» Diese Abschnitte tauchen die Welt ein einen düster-schimmligen Anstrich und man riecht schon fast den fauligen Gestank der verseuchten Umwelt. Kommt es dann auch noch zu Kämpfen während solcher Abschnitte, kann es schnell mal zu Ende gehen mit dem tapferen Recken Joel. Flucht ist öfters die bessere Wahl als Konfrontation. Shooter-Taktiken funktionieren so gut wie nie. Gegner wollen per Wurfgegenstände abgelenkt, zusammengerottet und idealerweise mit «Massenvernichtungswaffen» wie z.B. Molotov-Cocktails beseitigt werden. Alles andere ist nicht im grossen Stil zu empfehlen.

Neu für ein Naughty Dog-Spiel ist auch das Element des Erkundens. Die genaue Durchsuchung der Spielwelt wird mit dem Auffinden aller möglicher nützlicher Dinge belohnt. Diese Items sollte man unbedingt restlos einsammeln und daraus Waffen basteln, oder nützliche Dinge wie Medikits herstellen.

Damit wären wir bei einem weiteren Aspekt: Angelehnt an Zombie-Games wie Dead Island darf man Waffen verbessern, Bomben basteln oder eigene Schusswaffen aufpimpen mit entsprechenden Fertigkeiten und «Zutaten». Dies bringt eine tolle Motivation mit ins Spiel, jeder Fund von Munition (welche natürlich rar ist) oder anderen Dingen zaubert einem ein Lächeln auf das Gesicht.

Hören rettet Leben

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In The Last Of Us sollte man ein guter Zuhörer sein. Oder ein solcher werden, und zwar null-komma-plötzlich. Das Scannen der Gegend gehört zu einem der wichtigsten Überlebensstrategien im Spiel. Joel kann sein präzises Gehör einsetzen, um Positionen von Gegnern visuell sichtbar zu machen für ihn. Dies ersetzt den (nicht existierenden) Miniradar, auch eine Minimap mit dem bewährten Rote-Punkte-System in Sachen Gegnerpositionen gibt es nicht.

Der Schwierigkeitsgrad ist bereits auf Normal kernig, und wer zu den absoluten Videogame-Masochisten gehört, wird mit den höheren Einstellungen zum glücklichsten Menschen der Welt. Dazu tragen auch die eher klassische Elemente wie eine Energieanzeige, welche mittels Health Packs aufgefüllt werden muss, bei. Man stirbt in The Last Of Us oft, und das meist sehr unschön. Wobei «sterben» in diesem Fall «infiziert werden» bedeutet.

Die postpandemische Schönheit

Die Optik von The Last Of Us gehört auf dieser Konsolengeneration zum Besten, was es gibt. Daran gibt es nichts zu rütteln. Waren bereits die Uncharted-Games visuelle Knaller, so setzt der Zombie-Ritt aus gleichem Haus noch überall einen obendrauf. Sowohl die Artworks, die Charakteren, die Wetterstimmungen, die Spezialeffekte wie auch das Game-Design überragen alles Dagewesene deutlich.

Die visuelle Gestaltung orientiert sich B-Movies der 80er, an Filmen wie «28 Days Later» oder «I Am Legend» - und natürlich an der TV-Show «The Walking Dead». Was mir persönlich sehr gut gefallen hat, ist der Umstand, dass die brutale Härte eines solchen Szenarios, welches ja nicht komplett unrealistisch ist, mit aller Konsequenz aufgezeigt wird. Es gibt keine Gnade in einer solchen Welt, und der Tod gehört jeden Tag, jede Nacht und zu jeder Unzeit zum Dasein. Existentielle Fragen tauchen aber auch abseits der oberflächlichen «Töten-oder-getötet-werden-Manier» auf, eine weitere Stärke des Spiels. Hier geht es um Themen wie Familie, Verantwortung, Respekt und psychische Widerstandskraft. Kaum ein Spiel hat mich bisher optisch, spielerisch und inhaltlich so sehr beeindruckt wie The Last Of Us, womit wir schon beim Fazit wären.

Fazit

The Last Of Us ist eines der reifsten und ergreifendsten Spiele, welches bisher für die PlayStation 3 erschienen ist. Mit seiner technischen Brillanz, der spannenden Handlung, den packenden Figuren und dem vielseitigen Gameplay ist es für mich in dieser Fülle von Perfektion gar das beste Actiongame dieser Konsolengeneration.

Mehr gibt es zu diesem Prachtstück eigentlich nicht zu sagen. Wer eine PlayStation 3 hat sollte sich diesen Titel holen — erleben, mitfiebern, staunen.

Wir bedanken uns bei PlayStation Schweiz für die freundliche Bereitstellung einer Vollversion zu Testzwecken.


judgementbox
The Last Of Us
gold_medium
Positiv

Ergreifende Handlung mit Tiefgang, packende Schicksale, greifbare Charakteren, glaubwürdige Story mit viel Spannung, grafische Brillanz in Perfektion, tolle Sprecher, flüssiges Gameplay mit taktischen Optionen, Motion Capture in nie gesehener Qualität, butterweiche Framerate

Negativ

Ladezeiten zu Beginn ungewohnt lang für Naughty Dog-Verhältnisse, manche Szenen etwas arg brutal und martialisch, Multiplayer vernachlässigbar, seltene Abschnitte mit allzuviel Actionanteilen

Alleine spielen: Sehr gut!
Mit Freunden auf dem Sofa spielen: Gibt's nicht.
Mit Freunden im Internet spielen: Nur für Fans.
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The Last Of Us
Erhältlich für PlayStation 3, PlayStation 4
Von Naughty Dog (Developer), Sony (Publisher)