DUNGEON SIEGE 3
Testbericht | PS3 | PC | Xbox 360

Dungeon Siege 3

vor 12 Jahren von DN, Aktualisiert: vor 12 Jahren

Schon wieder ein Action-RPG? Ja, aber was für eins: Die alten Füchse aka. Macher von Neverwinter Nights 2 und Star Wars - Knights Of The Old Republic beweisen, dass ein Looter aus der Abteilung «Jäger und Sammler» mit reichlich Actionelementen nicht zwangsweise eine dämliche Story haben muss. Wohin führen uns die Abenteuer von Lucas, Anjali und ihrer bedrohten Gefolgschaft?


Auf nach Ehb

Du bist der Nachfahre eines Mitglieds der zehnten Legion, einer legendären Streitmacht, welche in den Bürgerkriegswirren in den Jahren nach dem Tod des allseits beliebten Königs ihrerseits dahingerafft worden ist. Die letzten Kämpfer wurden in einer veheerenden Schlacht in den tiefen Wäldern von Mournewield vernichtend geschlagen. Eine mächtige Magiern namens Jeyne Kassynder und ihre Söldnerschergen haben nachhaltig dafür gesorgt, dass die Legion in Sachen Zukunft der Lande Ehb keinen Pieps mehr zu melden hat — oder etwa doch? Als erstes entscheidest du, ob du dich in der Rolle von Lucas Montbarron (Nachfahre eines der Grossmeister der Legion, Krieger, Nahkampfspezialist), Anjali (Archon Feuerelementar und flexibel einsetzbar), Reinhart Manx (Magier, flexibel einsetzbar, eher Fernkampf) oder Katarina (Fernkampfspezialistin) auf den Weg machen willst.

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Anjali weiss mit ihrer Erscheinung einen gewisse Überzeugungskraft auzustrahlen, erst recht in ihrer «Feuerform».

Der Pfad führt zu einer geheimen Zusammenkunft auf dem Landgut einer ehemals mächtigen Adelsfamilie, wohin dich einer der letzten Überlebenden der alten Garde — Odo, hervorragend besetzt in der deutschen Version vom Synchronsprecher von Robert DeNiro — bestellt hat. Die Legion soll wiederaufgebaut und das Land vom Terror der fanatischen Royalisten und den mordlustigen Armeen Kassynders befreit werden. Friede soll wieder einkehren.

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Und natürlich kommt alles anders, als man sich das das vom Wohnzimmersessel aus jeweils so vorstellt. Die Details werden wir natürlich in keiner Art und Weise verraten, nur soviel: Die Geschichte borgt sich hie und da was bei Tolkien und Dragon Age, was aber durchaus etwas gutes ist, und die Reise führt euch an ganz unterschiedliche Orte und unter vielen unterschiedlichen Umständen zu einigen merkwürdigen Gestalten, und verlangt von euch ein paar gewichtige Entscheidungen. Verliesse, verschneite Bergpfade, merkwürdig leuchtende Phosphorhöhlen und diverse Ortschaften warten darauf, von euch erkundet — und dazu natürlich hunderte von Kisten und toten Gegnern am Wegrand, um von euch ausgeplündert zu werden.

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Die Geschichte vollführt ein paar interessante Wendungen, und bleibt stets angenehm spannend oder zumindest unterhaltsam. Die Jungs und Mädels von Obsidian haben nicht das erste Mal mit einem RPG zu tun, das spürt man ganz deutlich. Ausserdem haben deine Entscheidungen im Spiel immer wieder auch Einfluss darauf, wie sich der Verlauf der Geschehnisse entwickelt. Lässt du beispielsweise eine bestimmte nur halbwegs menschliche Dame am Leben? Oder lässt du sie in den Kerker werfen? Oder schickst du sie gar etwa dahin zurück, wo sie herkam, um eine Warnung zu übermitteln? Du entscheidest.

Die Schlussentscheide in mancher Haupt- und Nebenquest-Aufgabe mit ähnlich gelagerten Situationen offenbahren gar ein Prinzip, das man so noch nie in einem RPG gesehen hat: den sogenannten «Errungenschaften». Je nach dem wie du dich entscheidest, bekommst du für bestimmte Fähigkeiten permanente Bonuswerte verliehen — eine einfache, aber umso genialere Idee. Das Managen von Werten, Talenten und Fertigkeiten gestaltet sich so, wie wir das aus Sacred 2 oder anderen RPGs kennen, vielleicht etwas stärker vereinfacht. Auch das empfand ich als angenehm, man muss nie eine halbe Stunde überlegen, welchem Wert und welchem Skill-Tree man jetzt noch einen oder zwei Punkte anhängt. Das System ist komplex genug für einige Gameplay-Vielfalt und einfach genug um darin nicht zu ertrinken.

Getümmel und Gezeter mit bis zu vier Recken

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Die Kämpfe in Dungeon Siege 3 funktionieren nach bewährtem Prinzip, und das flott und flüssig. Viel gibt es dazu eigentlich nicht mehr zu erklären, wer Sacred 2, Diablo und Konsorten kennt, ansatzweise auch Dragon Age 2, kann hier nichts falsch machen. Die drei Schwierigkeitsgrade garantieren zusätzliche Frustreduktion, und lassen sich bei bedarf auch im Spiel anpassen. Für Freaks empfhielt sich die höchste Stufe, für ziemlich ehrgeizige Zeitgenossen reicht die mittlere Einstellung, und für den grossen Rest gilt die Devise «Lieber auf einfach spielen und nicht ewig steckenbleiben». Die tiefste Einstellung ist okay für die meisten Ansprüche, wer im Verlauf des Spiels unterfordert ist, kann immernoch wechseln.

Die vier spielbaren Charakteren bieten ausreichend Abwechslung für alle Vorlieben. Lucas Montbarron ist mit seinen Schwertattacken sicherlich der eigentlich geradlinigste Kämpfer, der am wenigsten Spielraum für lange Überlegungen lässt. Anjali ist interessant mit ihrer Doppelfähigkeit für Nah- (menschliche Form) und Fernkampf (eher Feuerform). Reinhart verfügt über ein paar spacige Sprüche und Katarina trumpft mit mächtigen Geschosswaffen auf. Dass dabei Pulver und Dampf mit im Spiel sind, wird sicherlich nicht jedem gefallen, aber warum nicht einmal etwas anderes als Pfeil, Bolzen und Bogen. Leider wirkt Katarina ein klein wenig wie Lara Croft in The Guardian Of Light und fällt effektiv etwas aus dem Rahmen.

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Heilen können sich die Figuren nicht mit Tränken, sondern mit einem eigens dafür vorgesehenen Trance-Zustand, der auf Kosten von Willen aka Mana aktiviert werden kann. Will man blutend überleben, muss also eine kurze Flucht weg vom harten Kern des Kampfgeschehens gelingen. Stirbt man den Heldentod, können die Gefährten mit Reanimationsbemühungen aushelfen. Im Verlauf der Einzelspieler-Geschichte trifft man auf die anderen drei Charakteren, welche man nicht als den eigenen Protagonisten ausgewählt hat. Man darf jeweils eine(n) Helfer(in) aktiv mit im Geschehen dabei haben, und das wiederum fliessend wechseln.

Eine der cleversten Tricks, welcher im Ärmel des Spiels steckt, ist der einfach Drop-In-Drop-Out für Multiplayer. Kommt spontan oder per Verabredung ein Kumpel bei euch zuhaus vorbei, kann dieser mir-nichts-dir-nichts die Rolle des NPC-Helferleins übernehmen. Hoppla und pling gehts gemeinsam auf Beutejagd Genial! So genial einfach sogar, dass man die Funktion fast zu weit weg sucht, als sie eigentlich ist. Start drücken, und schon gehts den Monstern an den Kragen. Hunted — Die Schmiede Der Finsternis, welches wir ebenfalls kürzlich getestet haben, ist da wesentlich umständlicher und verwirrender. Schnelles Wechseln zwischen Singleplayer und Kooperativ-Modus, was eigentlich von der Spielanlage her sich offensichtlich anbietet, ist da nicht möglich.

Einen kleinen Haken gibts bei der ganzen Sache trotzdem: Für Online-Spiele mit Freunden und entsprechend voller Screen-Sicht, welche zu zweit am selben Screen ein klein wenig leiden kann, wird mit separaten Figuren und Fortschritten gespielt. Warum dem so ist, bleibt eine offene Frage an die Entwickler. Andererseits wiederum cool: Es ist auch möglich zu zweit an der Konsole online mit zwei weiteren Freunden in einer anderen Wohnung ins Abenteuer zu ziehen. Wer also gern als Sofa-Team mit Online-Verbündeten auf die Reise gehen möchte, feel free.

Interessant an den Charakteren sind mitunter auch ihre zwei «Modis» oder «Formen», je nach dem wie man es nennen will. Lucas beispielsweise kann entweder mit einem Zweihänder oder mit Schwert und Schild zu Werke gehen. Beide Modi bieten separate Skills und Moves. Anjali entsprechend kann sich in ein schwebendes Feuerelementar samt Feuerballhagel verwandeln, oder in Frauengestalt den Kampfstab schwingen.

Feiner Optik und süffige Sound-Kulisse

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Die Zwischensequenzen der Geschichte werden in hochwertiger, eigener Tonalität erzählt, welche an monochrome Aquarelltechniken erinnert. Die Sprecher machen einen hervorragenden Job, und der Soundtrack ist feingliedriger als manche Pomp-Tröterei bei Mitbewerbern. Dungeon Siege 3 lässt geneigte Fantasy-Fans in eine Welt eintauchen, die ideal auf sie zugeschnitten ist. Die Bodentexturen reichen von glänzend-marmorig bis erdig dumpf, tolle Lichteinfälle in Dungeons schaffen eine tiefe Atmosphäre, die Wasseroberflächen sind plastisch wie selten in einem isometrischen A-RPG, und die Settings sind mit Sorgfalt und ohne die nervenden ständigen Copy-Paste-Allüren mancher Mitbewerber gefertigt.

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Diese Welt lohnt sich wirklich für Entdeckungsreisen. Frei bewegen kann man sich zwar nicht, aber manche Schauplätze bieten doch einige Fussfreiheit und eines haben alle gemeinsam: Ein schieres Gefühl der Dimension und majestätischer Grösse. Die Hallen, Gewölbe, Wälder und Anwesen in DS3 fühlen sich richtig gigantisch an, trotz eingeschränkter Bewegungsfreiheit.

Fazit

Dungeon Siege 3 ist ein toller Mix aus interessanter Story, vernünftig ausgelegten Nebenquests, Jagen und Sammeln, und ansprechendem Gameplay.

Wer Games im Stil von Diablo und Sacred zugeneigt ist, sollte sich diesen neusten Eintrag der bisher PC-exklusiven und eher storyschwachen Serie genauer anschauen — erst recht wer gerne auch mal als Team zockt, buche schonmal sein Ticket in die Hochlande von Ehb, dem Ruf der Legion folgend.

Wir bedanken uns bei Square Enix für die freundliche Bereitstellung einer Vollversion zu Testzwecken. Getestet haben wir die Ausgabe für PlayStation 3.


judgementbox
Dungeon Siege 3
Positiv

Sinnvolles Fertigkeits-Management-System, handgefertigte Umgebungen mit Detailschönheit en masse, hübsche Präsentation, exzellente Sprecher — insbesondere der Erzähler, stimmiger Soundtrack, nahezu perfektes Multiplayer-Prinzip für Offline- und Onlinespass für bis zu vier Spieler

Negativ

Kampf kann teilweise etwas anöden, keine grossartige echte Innovation

Alleine spielen: Sehr gut!
Mit Freunden auf dem Sofa spielen: Sehr gut!
Mit Freunden im Internet spielen: Sehr gut!
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Dungeon Siege 3
Erhältlich für PlayStation 3, Windows PC, Xbox 360
Von Obsidian Entertainment (Developer), Square Enix (Publisher)